Kleine Anfrage zur kurzfristigen schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung:Was bedeutet das Auslaufen des „Gute-Kita-Gesetzes“ für Niedersachsen?

Vorbemerkung der Abgeordneten

Durch das Anfang 2019 in Kraft getretene „Gute-Kita-Gesetz“ des Bundes beteiligt sich der Bund an den Kita-Kosten der Länder bis Ende 2022 mit insgesamt 5,5 Milliarden Euro. Nach dem Willen des Bundes sollen diese Mittel die Rahmenbedingungen der frühkindlichen Bildung verbessern.

Während einige Bundesländer die Mittel vor allem zur Verbesserung der Qualität, also z. B. des Betreuungsschlüssels oder der Stärkung der Sprachförderung, eingesetzt haben, hat Niedersachsen den Großteil der Mittel in die Gebührenentlastung von Eltern investiert.

Wie das Handelsblatt online am 8. Dezember 2020 meldet, gibt es für die Folgejahre, anders als bislang von der Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zugesagt, keine in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes hinterlegten Mittel. Der Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen Joachim Stamp äußerte sich dazu laut Handelsblatt wie folgt: „ ‚Giffey verliert damit endgültig ihre Glaubwürdigkeit‘, sagte Stamp. ‚Sie hat die Länder mit ihrer auch in mehreren Videokonferenzen wiederholten festen Zusage zur Weiterfinanzierung getäuscht.‘“

Die Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz sprach von Wortbruch. „Entgegen ihrer Ankündigungen hat die Regierung keine finanzielle Vorsorge für eine Verlängerung des ‚Gute-Kita-Gesetzes‘ über 2022 hinaus getroffen.“

Vorbemerkung der Landesregierung

Bund, Länder, Kommunen und Träger haben in den letzten zwölf Jahren mehrere hunderttausend Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen, um den seit dem 01.08.2013 bestehenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige zu gewährleisten. Während sich der Bund vorrangig an der Finanzierung der investiven Kosten beteiligte, trugen und tragen die Länder, Kommunen und Träger ganz überwiegend und dauerhaft die zu finanzierenden Betriebsausgaben.

Mit dem am 14.12.2018 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossenen Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Verbesserung der Teilhabe in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (KiTa-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetz - KiQuTG), dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz, haben sich der Bund und die 16 Bundesländer gemeinsam das Ziel gesetzt, die frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindertagesbetreuung bundesweit weiterzuentwickeln, die Teilhabe in der Kindertagesbetreuung zu verbessern und hierdurch einen Beitrag zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse für das Aufwachsen von Kindern im Bundesgebiet und zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf zu leisten. Zur Umsetzung der im KiQuTG vorgesehenen Maßnahmen schließt jedes Land mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) einen Vertrag über die Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung. Der Bund stellt den Ländern befristet für die Jahre 2019 bis 2022 insgesamt Mittel in Höhe von rund 5,5 Milliarden Euro (2019: 0,5 Milliarden Euro / 2020: 1 Milliarde Euro/ 2021 und 2022: jeweils 2 Milliarden Euro) über das Finanzausgleichsgesetz zur Verfügung. Dabei hat er die erheblichen Investitionen der Länder, Kommunen und Träger zu einer Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung in Deutschland anerkannt.

Das Land Niedersachsen hat als wichtige familienpolitische Maßnahme die vollständige Beitragsfreiheit für alle Kindergartenkinder zum 01.08.2018 eingeführt. Gleichzeitig hat das Land weitere erhebliche finanzielle Anstrengungen zur Steigerung der Qualität in der frühkindlichen Bildung auf den Weg gebracht und den Personalschlüssel in Krippen- und Kindergartengruppen weiter verbessert. Das Land trägt - nach der zum 01.01.2015 auf gesetzlicher Grundlage eingeführten, stufenweisen Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels in Krippengruppen - seit dem 01.08.2020 die Personalausgaben für Drittkräfte in Krippengruppen mit mindestens elf Kindern ohne stundenweise Begrenzung im Rahmen der vollen Konnexität. Mit den Mitteln des KiQuTG haben die örtlichen Träger in Niedersachsen seit dem 01.01.2020 durch die Richtlinie „Qualität in Kitas“ die Möglichkeit, nochmals deutlich mehr Personal in Kindergärten einzusetzen. Zur Gewinnung von Fachkräften setzt die Landesregierung den Niedersachsenplan „Mehr Fachkräfte für die Kita“ um.

Über die Qualitätsentwicklung hinaus erfordern die seit einigen Jahren gestiegenen Geburtenzahlen auch in Niedersachsen einen weiteren quantitativen Ausbau der Betreuungsplätze in Krippen- und Kindergartengruppen. Dies hat einen erheblichen zusätzlichen Finanzmittelbedarf für das dafür erforderliche Personal zur Folge. Des Weiteren beabsichtigt die Landesregierung, mit der Novellierung des KiTaG zum 01.08.2021 einen Rechtsanspruch auf Finanzhilfe für die Kindertagespflege einzuführen. Bislang erfolgt die Finanzierung des Landes als freiwillige Leistung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

Zu einer möglichen Verlängerung bzw. Entfristung des KiQuTG wurde den Ländern Anfang November 2020 vom BMFSFJ Folgendes mitgeteilt: In einer Kabinettvorlage der Bundesregierung vom 18.09.2020 wurde darauf hingewiesen, dass im Rahmen der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen zur Umsetzung der Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ festgehalten wurde, dass der Bund auch für die Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung über 2022 hinaus seine Verantwortung wahrnehmen wird. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass sich der Bund hier auch weiterhin im Rahmen seiner Möglichkeiten engagieren wird. Der Landesregierung ist zudem bekannt, dass sich Bundestagsabgeordnete der regierungstragenden Bundestagsfraktionen dafür einsetzen möchten, dass das KiQuTG über das Jahr 2022 hinaus fortgeführt wird.

1. Welche Maßnahmen in welcher Höhe finanziert das Land mit den Mitteln des Bundes im Bereich der frühkindlichen Bildung?

Für Niedersachsen ist ein Mittelvolumen aus dem KiQuTG in Höhe von insgesamt rund 526,749 Millionen Euro für den Zeitraum 2019 bis 2022 vorgesehen.

Nach dem zwischen dem BMFSFJ und der Landesregierung vereinbarten Handlungs- und Finanzierungkonzept als Bestandteil des Vertrags nach § 4 KiQuTG werden folgende Maßnahmen in Niedersachsen finanziert:

– die Verbesserung des Personalschlüssels zur Förderung von Kindergartenkindern,

– die Gewinnung und Bindung von angehenden Fachkräften als vergütete Zusatzkräfte in Ausbildung,

– die Entlastung von Einrichtungsleitungen und Stärkung von Leitungskompetenz,

– die Stärkung der Kindertagespflege über eine gesetzlich geregelte Anreizfinanzierung für Höherqualifizierung und Professionalisierung,

– die Weiterentwicklung von Bedarfsplanung zu einem Steuerungssystem, – die Beitragsfreiheit für ausschließlich in Kindertagespflege betreute Kinder im Kindergartenalter. Das Handlungs- und Finanzierungskonzept (§ 3 i. V. m. § 2 Sätze 1 und 2 KiQuTG) beinhaltet die Finanzierung folgender Maßnahmen in einem Volumen von insgesamt rund 468,991 Millionen Euro:

a) Für eine neue Förderrichtlinie für Qualität ist ein Volumen von insgesamt rund 301,033 Millionen Euro im Zeitraum 01.01.2020 bis 31.12.2022 eingeplant.

b) Die Stärkung der Kindertagespflege ist durch eine Überführung der bisherigen Zuwendungsrichtlinie in das KiTaG zum 01.08.2021 mit einem Volumen in Höhe von rund 149,203 Millionen Euro vorgesehen.

c) Das neue Projekt „KiTa-Bedarfsplanung“ wird mit einem Betrag von 0,902 Millionen Euro finanziert.

d) Eltern werden bei den Gebühren für die ersetzende Kindertagespflege für Kinder im Kindergartenalter mit einem Volumen von rund 17,853 Millionen Euro entlastet.

Im Rahmen der Umsetzung des KiQuTG trat am 01.01.2020 die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Verbesserung der Qualität in Kindertagesstätten und zur Gewinnung von Fachkräften (Richtlinie Qualität in Kitas) des Niedersächsischen Kultusministeriums in Kraft.

Darüber hinaus wird der, im Rahmen der Ausweitung der Beitragsfreiheit zwischen der Landesregierung und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände bei den sogenannten Korb-IIGesprächen vereinbarte, sogenannte Härtefallfonds zur Kompensation von Einnahmeausfällen mit einem Mittelvolumen von rund 57,758 Millionen Euro - außerhalb des Handlungs- und Finanzierungskonzeptes - aus Mitteln des Bundes finanziert.

Frei gewordene Landesmittel für die Zuwendungsprogramme QuiK und Kindertagespflege ermöglichen die Förderung weiterer sogenannte Korb-II-Maßnahmen, wie die zusätzliche Dynamisierung der Personalausgaben (durch Anhebung der Jahreswochenstundenpauschalen).

2. Wie will das Land diese Maßnahmen ab 2023 finanzieren, wenn die Mittel des Bundes entfallen?

Die Landesregierung vertraut auch weiterhin - unabhängig von der fehlenden finanziellen Absicherung des KiQuTG ab 2023 in der aktuellen Mittelfristigen Finanzplanung des Bundes - den Ankündigungen des Bundes hinsichtlich einer Verlängerung bzw. Entfristung des KiQuTG. Die Bundesmittel sind bis Ende 2022 abgesichert. Die Landesregierung geht nach den vertrauensvollen Gesprächen mit dem Bund davon aus, dass die Bundesmittel rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens für die Aufstellung des Haushaltsplans des Landes Niedersachsen für das Haushaltsjahr 2023 verlängert werden.

3. Welche Maßnahmen ergreift das Land, um den Bund zu einer Fortsetzung der Förderung über das Jahr 2022 hinaus zu bewegen?

Im Rahmen der vertrauensvollen Gespräche mit dem Bund wird die Landesregierung sich weiterhin für eine Verlängerung bzw. Entfristung des KiQuTG einsetzen

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