Kleine Anfrage zu schriftlichen Beantwortung mit Antwort:Konversionstherapien in Niedersachsen

Vorbemerkung der Abgeordneten
Wie im Januar 2019 bekannt wurde, spricht sich der Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland in einer Broschüre zur „Orientierungshilfe“ zur Therapierung von homosexuellen Menschen aus. Insbesondere bei jungen Menschen sei eine solche Therapierung zur „Orientierung zum anderen Geschlecht hin“ Erfolg versprechend. Bei den sogenannten Konversions- bzw. Reparativtherapien handelt es sich nach Ansicht von Fachverbänden wie dem Weltärztebund um pseudowissenschaftliche Maßnahmen, die sowohl kurz- als auch insbesondere langfristige psychische und teils physische Probleme hervorrufen können. Das Europäische Parlament hat sich im März 2018 für ein Verbot solcher Konversions- bzw. Reparativtherapien für LGBTI-Personen ausgesprochen.


Vorbemerkung der Landesregierung

Die Landesregierung lehnt Diskriminierungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans* und intergeschlechtlichen Menschen ab. Sie setzt sich für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und für eine Steigerung von Akzeptanz und Wertschätzung ein. Seit 2014 führt die Landesregierung gemeinsam mit der LSBTI*-Community eine Kampagne „Für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt* in Niedersachsen“ durch.


1. Wie bewertet die Landesregierung die Wirksamkeit und Gefahren von Konversions- bzw. Reparativtherapien?

Sogenannte Konversions- bzw. Reparativtherapien verletzen die Menschenrechte und sind, ebenso wie deren Befürwortung, strikt abzulehnen. Es kann nicht von Psychotherapien oder Heilbehand-lungen gesprochen werden. Homosexualität ist keine Krankheit und bedarf keiner Behandlung, so u. a. auch der Weltärztebund, die Bundesärztekammer und die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde. Konversionsverfahren können zu Schäden wie seeli-schen Erkrankungen führen.


2. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen solche Therapien in Niedersachsen angeboten werden oder in den letzten zehn Jahren wurden (aufschlüsseln nach Datum, Ort, anbietender Organisation)?

Der Landesregierung sind keine solchen Fälle bekannt.

Die Weltgesundheitsorganisation hat Homosexualität 1990 aus ihrem Diagnosekatalog gestrichen. Abrechenbare Leistungen für solche „Therapien“ kommen von daher nicht in Betracht (§ 27 SGB V in Bezug auf die gesetzliche Krankenversicherung). Sofern Personen, die dem Standesrecht unter-liegen, solche Therapien zur Anwendung bringen, müssten zudem berufsrechtliche Konsequenzen geprüft werden.


3. Welche Organisationen, die Konversions- bzw. Reparativtherapien in Niedersachsen anbieten oder in der Vergangenheit angeboten haben, erhalten staatliche Fördermittel vom Land sowie sonstige personelle, finanzielle oder organisatorische Unterstützung (aufschlüsseln nach Art und Umfang der Förderung)?

Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass Organisationen in Niedersachsen sogenannte Konversionstherapien anbieten oder angeboten haben


4. Sind der Landesregierung Hilfsangebote für Menschen, die infolge solcher Therapien unter physischen und/oder psychischen Problemen leiden, bekannt?

Gleichgeschlechtlich orientierten Menschen, die infolge solcher „Therapien“ unter Problemen lei-den, steht das gesamte Spektrum der ambulanten und stationären Beratungs-, Unterstützungs- und Behandlungsangebote zur Verfügung. Hierzu zählen Beratung und Selbsthilfe ebenso wie psycho-therapeutische, psychiatrische und ärztliche Behandlungsmöglichkeiten; letztere entsprechend dem Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung, sofern eine gesetzliche Krankenversiche-rung besteht. Dabei spielt es keine Rolle, wodurch beispielsweise eine seelische Erkrankung aus-gelöst, entstanden oder verstärkt wurde. Somit gehören also auch alle Formen von seelischen Misshandlungen oder auch Fehl-„Behandlungen“ zu den Umständen, die zu einer Indikation z. B. für eine psychotherapeutische Behandlung führen können.


5. Unterstützt die Landesregierungen Forderungen nach einem Verbot solcher Therapien? Wenn nein, warum nicht?

Die Landesregierung unterstützt ein Verbot.


6. Plant die Landesregierung, sich im Bundesrat für ein Verbot von Konversions- bzw. Reparativtherapien einzusetzen? Wenn nein, warum nicht?

Die Bundesregierung prüft derzeit die rechtlichen Möglichkeiten für ein Verbot von Konversionstherapien. Eine Bundesratsinitiative ist aus Sicht der Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt nicht er-forderlich. Es soll das Ergebnis der Prüfung eines Verbotes durch die Bundesministerien für Ge-sundheit sowie der Justiz und für Verbraucherschutz abgewartet werden, das voraussichtlich im Sommer vorliegen wird.

Zurück zum Pressearchiv