Pressemeldung Nr. 23 vom

Ernüchternde Antwort auf Grünen-Anfrage :Grüne: Förderprogramme zur Digitalisierung in Niedersachsen verpuffen – Masterplan gescheitert

Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man über das Desaster der Landesregierung bei der Digitalisierung trefflich spotten: Hoch gesprungen und im Funkloch gelandet. Die jüngste Antwort auf eine Anfrage der Grünen legt schonungslos offen, dass der ehrgeizige Masterplan der Regierung Weil/Althusmann gescheitert ist.

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Darum geht’s

Der Ausbau der Digitalisierung gehörte seit 2017 zu den erklärten Schwerpunkten der SPD/CDU-Koalition - mit einem eigenen Staatssekretär, zusätzlichem Personal und erheblichen Finanzmitteln bei Wirtschaftsminister Althusmann. Die regelmäßigen Zwischenberichte des Ministers entpuppen sich nach genaueren Nachfragen jedoch ein halbes Jahr vor Ende der Wahlperiode als vollmundige Jubelbilanzen ohne Substanz. Die Antwort der Regierung auf die jüngste Anfrage der Grünen legt schonungslos offen, dass kein Förderprogramm besonders wirksam vorangetrieben wird. Kein Programm wird annähernd ausgeschöpft. Es gibt millionenschwere Fördertöpfe sowohl für den Breitbandausbau als auch für die Förderung leistungsstarker Mobilfunknetze, aus denen bislang kein einziger Euro geflossen oder auch nur zugesagt wurde. Die Folge sind noch immer eine große Zahl von Funklöchern oder schwach versorgten Regionen in Niedersachsen.

Das sagen die Grünen

Julia Willie Hamburg, Fraktionsvorsitzende:

Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man über das Desaster der Landesregierung bei der Digitalisierung trefflich spotten: Hoch gesprungen und im Funkloch gelandet. Die jüngste Antwort auf eine Anfrage der Grünen legt schonungslos offen, dass der ehrgeizige Masterplan der Regierung Weil/Althusmann gescheitert ist. Wenn aus mehreren millionenschweren Fördertöpfen bislang kein Euro zugeteilt worden ist, dann läuft bei der Digitalisierung in Niedersachsen einiges gründlich falsch. Erschreckend ist, dass Minister Althusmann zwar gern davon redet, gerade die ländlichen Regionen mit Mobilfunk und Breitband zu versorgen. Tatsächlich geschieht hierfür so gut wie nichts. Dabei liegen von uns Grünen Vorschläge dafür seit längerem auf dem Tisch. Das gilt sowohl für mehr Unterstützung für die Kommunen beim Breitbandausbau als auch für das gemeinsame Nutzen von Mobilfunkmasten durch mehrere Anbieter, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Hintergrund

Zusammengefasst die wesentlichen Ergebnisse der Grünen-Anfrage zum Stand der Digitalisierung:

AUSBAU BREITBAND

Für den Giganetzausbau sind von 320 Mio. Euro Fördermitteln erst zwei Drittel (197 Mio.) zugesagt, lediglich eine halbe Million Euro ist ausgezahlt. Aktuell ist gerade einmal jedes fünfte Haus in Niedersachsen mit einem Glasfaseranschluss versorgt, vorrangig in dicht besiedelten Gebieten. Selbst beim bisherigen Ausbautempo von jährlich 4,6 Prozent wären in zehn Jahren (2032) gerade mal zwei Drittel der Häuser in Niedersachsen mit einem schnellen Glasfaseranschluss versorgt. Anfang der 2040er Jahre wären dann vielleicht alle Gebäude erreicht.

Überhaupt nichts passiert ist bei den sogenannten „Grauen Flecken“, also für die Regionen, wo es nur einen Anbieter für Breitbandanschlüsse gibt. Von 145 Mio. Euro Fördermitteln für das Anwerben neuer Breitbandanbieter in solchen Regionen ist bislang kein Euro beantragt worden. Eine stärkere Unterstützung von finanzschwachen Kommunen beim Breitbandausbau, u.a. von der Grünen-Fraktion im vorigen Sommer vorgeschlagen, haben SPD und CDU abgelehnt. Eigene Maßnahmen: Fehlanzeige.

Antrag (GRÜNE): Graue Flecken überall beseitigen: Breitbandförderung für den ländlichen Raum attraktiver gestalten - Drs. 18/9395

AUSBAU MOBILFUNK

Zwar lobte Minister Althusmann vor einem Jahr die Landesförderung für den Mobilfunkausbau in höchsten Tönen. Auch die Mobilfunkunternehmen begrüßten die Förderpläne. Nun zeigt die Antwort auf die Grünen-Anfrage, dass von den 20 Mio. Euro im Landes-Fördertopf für den Mobilfunkausbau bisher kein Euro kein vergeben, geschweige denn ausgezahlt ist. Zu den Gründen schweigt das Ministerium.

Beim Mobilfunk sind – ähnlich wie beim Breitbandausbau – die meisten weißen Flecken (kein Anbieter) und grauen Flecken (ein Anbieter) in den weniger dicht besiedelten Landkreisen Northeim, Holzminden, Goslar, Göttingen und Lüchow-Dannenberg zu finden. Aktuell ist gerade einmal jedes fünfte Haus in Niedersachsen mit einem schnellen Glasfaseranschluss versorgt, vorrangig in dicht besiedelten Gebieten. Selbst beim dem bisherigen Ausbautempo von jährlich 4,6 Prozent wären in zehn Jahren (2032) gerade mal zwei Drittel der Häuser in Niedersachsen mit Glasfaser versorgt. Anfang der 2040er Jahre wären dann vielleicht alle Gebäude erreicht.

Noch immer sind sechs Prozent der Landesfläche nicht von den einfachen 2G-Netzen aller drei Anbieter versorgt; bei den schnellen 4G/LTE-Netzen herrscht noch auf 15 Prozent der Fläche Niedersachsens, und das vorrangig außerhalb von Städten, Funkstille.

Die Landesregierung schreibt die Fehler der Vergangenheit beim Mobilfunk weiter. Sie konzentriert sich auf die Mobilfunkversorgung im unmittelbaren Umfeld der Wohnhäuser und Wohnungen, nicht in der Fläche, also dort, wo Menschen unterwegs sind. Das führt in einem Flächenland wie Niedersachsen zu den vielen Funklöchern, die viele Menschen tagtäglich in Niedersachsen mit Unterbrechungen beim Mobilfunk-Empfang erleben. Ursprünglich hieß es im Masterplan Digitalisierung noch, dass die Landesregierung „an einer hundertprozentigen 4G bzw. LTE-Versorgung“ bis Ende 2021 arbeite. Nun ist nur noch von 100 Prozent der Haushalte und nicht mehr der gesamten Landesfläche die Rede. In öffentlichen Debatten erklärt Minister Althusmann dagegen unverändert: „Ohne Mobilfunkversorgung sind insbesondere im ländlichen Raum viele Anwendungen nicht möglich“. Praktikable Lösungen, wie die gemeinsame Nutzung von Mobilfunkmasten durch mehrere Anbieter, geht die Landesregierung bisher nicht an.

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