Kleine Anfrage zur Schriftlichen Beantwortung:Einordnung des Todes von C. S. am 08.12.2017 in die polizeiliche Kriminalstatistik

Vorbemerkung der Abgeordneten
Wie Die Zeit am 30.09.2020 berichtete, starb der 37-jährige C. S. am 08.12.2017, als er von M. K.
verprügelt und erdrosselt wurde, anschließend zerstückelte M. K. mit einem Komplizen die Leiche
und vergrub sie im Wald. M. K. gehörte zu einer Okkultismus-Sekte. Die Sekte nutze ein Haus, in
dem zwei ihrer Mitglieder und das Opfer gemeinsam wohnten.
Laut Zeit-Artikel ergab die Auswertung der Chatverläufe, „dass die beiden augenscheinlich der Ansicht waren, etwas Gutes getan zu haben“, notieren später die Ermittler. Sie hätten das Opfer von
Alkoholismus und seinem „unwürdigen Leben“ erlöst. Das Landgericht Göttingen verurteilt M. K. im
April 2019 wegen Totschlags und Störung der Totenruhe zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren.
„Niedere Beweggründe sieht das Gericht nicht.“
Die unabhängige Amadeu Antonio Stiftung ordnet den Todesfall von M. K. in ihrer Liste der Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 ein und spricht von einem sozialdarwinistischen Motiv.
1. Ist das oben angesprochene Tötungsdelikt in der polizeilichen Statistik als politisch motivierte Kriminalität rechtsgeführt?
Nein, dem Bericht der zuständigen PD Göttingen zufolge wurde die Bearbeitung des Sachverhalts
aufgrund fachlicher Zuordnung im für Tötungsdelikte zuständigen Fachkommissariat der Polizeiinspektion Northeim vorgenommen. Es lagen und liegen keine Hinweise auf eine politische Motivation
des Täters vor. Im Rahmen der Ermittlungen, in die auch die Sachbearbeitung des Polizeilichen
Staatsschutzes eingebunden war, konnten keine Hinweise auf eine politische Motivation des Täters
festgestellt werden.
2. Wenn nein, welche Begründung liegt dieser Einschätzung zugrunde?
Siehe Antwort zu Frage 1.
3. Geht die Landesregierung bei der Tötung von C. S. von Hasskriminalität aus? Wenn ja,
welches Tatmotiv und Themenfeld legt die Landesregierung dieser Einordnung zugrunde?

Als Hasskriminalität werden gemeinhin politisch motivierte Straftaten bezeichnet, bei denen das Opfer des Delikts vom Täter vorsätzlich nach dem Kriterium der wirklichen oder vermuteten Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe oder auch biologischem Geschlecht gewählt wird, und sichdie Tat gegen die gewählte Gruppe als Ganze bzw. in diesem Zusammenhang gegen eine Institution,
Sache oder ein Objekt richtet.
Nach den getroffenen Feststellungen des Landgerichts Göttingen ergaben sich auch im Rahmen der
gerichtlichen Befassung keine Anhaltspunkte dafür, dass die in Rede stehende Straftat, die das Gericht als Totschlag und Störung der Totenruhe gewertet hat, der Hasskriminalität im o. a. Sinne zuzurechnen wäre.
Maßgeblich sind die Feststellungen des Landgerichts Göttingen - 6 Ks 12/18 - im Urteil vom
12.06.2019, rechtskräftig seit dem 11.07.2019.
Danach ist auszugsweise folgender Sachverhalt festgestellt worden:
„(...) Gegen Mitternacht waren beide aufgrund ihrer Persönlichkeiten und des in unbestimmter Menge
jeweils konsumierten Alkohols in derart aufgeheizter Stimmung, dass ihr Gespräch zum Streit eskalierte, ohne dass sich indes Feststellungen zum Inhalt des Streits treffen ließen. C. S. lag dabei - wie
meist - in seinem längs an der Wand stehenden Bett. Sein Oberkörper war aufgerichtet. Der Angeklagte saß ihm auf einem Sessel gegenüber. Der an einer schweren Persönlichkeitsstörung leidende
Angeklagte, der dazu tendierte, Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen auszuagieren,
geriet unter der zusätzlichen alkoholischen Beeinflussung über das Verhalten des C. S., den er aufgrund seiner Lebensweise in Abhängigkeit vom Alkohol und ohne tatsächliche Veränderungsbereitschaft im Grunde nicht leiden konnte, in derartige Wut, dass er ihm, um ihn zum Schweigen zu bringen, mit der rechten Faust mindestens zweimal heftig in das Gesicht schlug. Die dabei verursachte blutige Verletzung erzeugte an der Wand hinter der Längsseite des Bettes in einer Höhe von 46 cm einen Blutspurenkomplex in Form von Abwurf- bzw. Schleuderspuren.
C. S. fing im Bett liegen bleibend an, noch lauter zu lamentieren und den Angeklagten zu beschimpfen. Dieser geriet darüber noch mehr in Rage und ergriff nun eine auf dem Boden herumliegende
Schnur. Diese schlang er C. S. um den Hals und zog mindestens drei Minuten lang fest zu, wobei er
das eine Ende der Schnur mehrfach um seine Hand gewickelt hatte. Dabei zog er so fest, dass die
Schnur ihm in die Finger schnitt. Dem Angeklagten kam es darauf an, den ihn nervenden krakeelenden C. S., der sich auch durch die Faustschläge nicht in dem Sinn hatte beeindrucken lassen, Ruhe
zu geben, zum Schweigen zu bringen. Dabei nahm er in Kauf, dass sein Opfer auch zu Tode kommen
konnte und billigte dies. (...)“
4. Wenn nein, von welchem Motiv geht sie aus?
Siehe Antwort zu Frage 3.
5. Plant die Landesregierung eine Untersuchung und eventuelle Neubewertung bzw. Neu-
einordnung des Falles in der polizeilichen Kriminalstatistik?

Eine erneute Befassung der Justiz mit dem Verfahren ist schon aufgrund des Grundsatzes „ne bis inidem“ nicht möglich.
Unabhängig davon besteht aufgrund der durch das Landgericht Göttingen getroffenen Feststellungen kein Anlass für eine Untersuchung und Neubewertung des Falles. Es gibt weder Hinweise auf
eine politisch, rassistisch oder religiös motivierte noch auf eine gegen den gesellschaftlichen Status
oder die sexuelle Orientierung des Opfers gerichtete Tat.
6. Wenn nein, warum nicht?
Siehe Antwort zu Frage 5

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