Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort:Wie werden psychische und finanzielle Belastungen im Zusammenhang mit Todesfällen an Schulen aufgefangen?

Vorbemerkung der Abgeordneten
Immer wieder kommt es vor, dass Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte, auch solche ehemalige, die eine Schule lange geprägt haben, versterben. Dabei sind Todesfälle sowohl in finanzieller als auch in emotionaler Hinsicht eine belastende Situation.

Dem Betreuungsbedarf können Lehrkräfte in einer solchen Situation kaum gerecht werden, da es ihnen meist auch an Expertise fehlt. Die Trauerbegleiterin und pädagogische Leiterin des Vereins Trauerland berichtet beispielsweise von einem Todesfall in einer Schulklasse, mit dessen Situation der Lehrer überfordert war.1 Demnach bedarf es einer angemessenen Betreuung durch Fachkräfte bzw. Schulsozialpädagogen, die aufgrund ihrer Vertrauensbasis zu den Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften beiseite stehen können. Dies ist ein entscheidender Vorteil im Vergleich zu beispielsweise Schulpsychologinnen und -psychologen, die in akuten Situationen durch die Schulen von den RLSB angefordert werden können. Es gibt allerdings immer noch Schulen in Niedersachsen, die eine Schulsozialarbeiterin / keinen Schulsozialarbeiter haben. Darüber hinaus benötigt es für einen angemessenen und für die Lehrkraft stützenden Umgang Weiterbildungen. Bedarf besteht: Aus dem niedersächsischen Raum hat der in Bremen ansässige Verein ca. 30 Einrichtungen, darunter Schulen und Kitas, fortgebildet.2 Vereine wie „Trauerland“ haben sich dieser allgemein schwierig zu be-
wältigenden Situation in Form von Begleitung angenommen, sind allerdings selber finanziell schlecht ausgestattet, und der Verein war aufgrund rückläufiger Spenden gezwungen, die Außenstelle in Oldenburg zu schließen.

Tritt ein Todesfall ein, bedeutet dies für die Schulen nicht nur eine emotionale, sondern auch eine finanzielle Belastung. Insbesondere kleinere Schulen können sich daher Nachrufe in Zeitungen nicht leisten. Auch weitere allgemein als angemessen erachtete Maßnahmen seitens des Arbeitgebers, wie z. B. Blumen oder Kränze für die Beerdigung, können durch die Schulen selbst oft nicht getragen werden. Dies führt in einer ohnehin schwierigen Situation zu einer weiteren emotionalen Belastung.

Vorbemerkung der Landesregierung

Bereits im Jahr 2003 haben die damaligen Bezirksregierungen damit begonnen, sich der Aufgabe der krisenbewältigenden Unterstützung von Schulgemeinschaften anzunehmen. Dazu wurden in der Schulpsychologie Krisenteams aufgebaut, um die Schulleitungen, die Lehrkräfte sowie die Schülerinnen und Schüler bei der Bewältigung von Krisen zu unterstützen.

Ab dem Jahr 2010 wurden die Krisen- und Notfallteams (K&N-Teams) in der damaligen Niedersächsischen Landesschulbehörde systematisch und nach einheitlichen Standards multiprofessionell aufgebaut. Neben der Schulpsychologie arbeiten in den K&N-Teams auch schulfachliche und schulrechtliche Dezernentinnen und Dezernenten mit. Die Leitung dieser Teams obliegt der Behördenleitung. Diese K&N-Teams werden laufend nach den allgemein gültigen Standards der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ), vormals Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ), für das Krisenmanagement gemeinsam geschult.

Gleichzeitig wurde als Handreichung ein Notfallordner für Schulen „In Krisen und Notfällen handlungsfähig bleiben“ entwickelt und mit der Polizei abgestimmt. In diesem Notfallordner sind alle denkbaren Krisen und Notfälle in Schulen aufgenommen und Handlungsempfehlungen für ein adäquates Krisenmanagement beschrieben. Das Szenario „Todesfall in Schulen“ ist Bestandteil dieses umfänglichen Notfallordners.

Die multiprofessionellen K&N-Teams werden auf der Basis des im Notfallordner beschriebenen Krisenmanagements eingesetzt. Die K&N-Teams können durch die Schulleitungen angefordert oder durch die Schulbehörden zur Unterstützung der Schulen entsandt werde.

Die niedersächsischen Schulpsychologinnen und Schulpsychologen erhalten darüber hinaus eine spezifische Qualifizierung nach den internationalen Standards für Krisenmanagement in Schulen.

Der Einsatz der multiprofessionellen K&N-Teams hat sich in der Praxis bewährt und wird von den Schulgemeinschaften in hohem Maße als unterstützend und hilfreich erlebt.
Todesfälle an Schulen kommen vor, sei es aufgrund von Unfällen, Erkrankungen oder Suiziden. Ein solches Ereignis setzt den normalen Alltag in der Schulgemeinschaft außer Kraft und erfordert für die Schulleitung und Lehrkräfte Unterstützung im schulischen Krisenmanagemen.

Die schulpsychologischen Dezernentinnen und Dezernenten in Niedersachsen sind flächendeckend in Notfallpsychologie ausgebildet, sodass die Schulen immer die Möglichkeit haben, notfallpsychologische Unterstützung vor Ort durch die Schulpsychologie zu erhalten. Die Notfallpsychologie im K&N Team der Regionalen Landesämter für Schule und Bildung (RLSB) unterstützt das System Schule und die betroffenen Personen, um erste Reaktionen abzufangen, zu stützen und den Personen die Rückkehr in den neuen Alltag zu erleichtern sowie Posttraumatische Belastungen (PTBS) zu verhindern. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit den vor Ort in der Schule tätigen Beratungslehrkräften, schulischer Schulsozialarbeit sowie Schulseelsorge.

Eine Evaluation hat gezeigt, dass die Zufriedenheit der Schulen mit der zur Verfügung gestellten
schulpsychologischen Unterstützung bei Todesfällen und anderen Notfällen sehr hoch ist.

Mit dem beschriebenen System wird den Schulen eine breit aufgestellte Unterstützung auf einem fachlich hohen Niveau zur Verfügung gestellt, welche ein bestmögliches Krisenmanagement gewährleistet.

1. Wie bewertet die Landesregierung die pädagogische Betreuung an niedersächsischen
Schulen im Zusammenhang mit Todesfällen durch Schulsozialarbeiterinnen und -arbei-
tern hinsichtlich der notwendigen Präsenz einer solchen Fachkraft an jeder Schule
(Quantität und Zuteilung) sowie in Bezug auf die fachliche Expertise (Qualität) in der
Trauerbegleitung?

Die mit Todesfällen im schulischen Umfeld einhergehenden Herausforderungen sind zuvorderst psychologischer Natur. Bei der Beantwortung der Frage liegt daher der Fokus nicht auf einer ausschließlich „pädagogischen Betreuung“, sondern es wird die Gesamtheit der Unterstützungsangebote in den Blick genommen. Derzeit sind rund 1 400 Fachkräfte für schulische Sozialarbeit an ca. 1 200 niedersächsischen Schulen beschäftigt. Im Rahmen des Aktionsprogramms „Startklar in die Zukunft“ werden in diesem Zusammenhang zusätzlich 130 Stellen befristet zur Verfügung gestellt, vorrangig für Grundschulen und Gymnasien. Eine explizit fachliche Qualifizierung der Fachkräfte für schulische Sozialarbeit im Zusammenhang mit dem Thema Trauerbegleitung erfolgt nicht. Kernaufgabe der Schulsozialarbeit ist die Beratung der Schülerinnen und Schüler in individuellen Problemlagen. Die Trauerbewältigung von Schülerinnen und Schülern, Klassen bzw. Lerngruppen oder ganzen Schul im Zusammenhang mit Todesfällen fällt hingegen vorrangig in den Bereich der Schulpsychologie. Diese ist flächendeckend in Notfallpsychologie ausgebildet, sodass Schulen immer die Möglichkeit haben, notfallpsychologische Unterstützung vor Ort durch die Schulpsychologie zu erhalten. Das Kri-
senteam des jeweiligen RLSB unterstützt die Schule und die betroffenen Personen in Zusammenarbeit mit den vor Ort in der Schule tätigen Beratungslehrkräften, schulischer Schulsozialarbeit sowie Schulseelsorge. Viele Schulen haben außerdem bereits die Ausbildung eines „Schulinternen Krisenteams“ durch die Schulpsychologie wahrgenommen. Diese multiprofessionell aufgestellten schulischen Teams können in Zusammenarbeit mit den K&N-Teams in einer Krise unterstützen.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen.

2. Welche Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte zu den Themen Trauerbewältigung gibt
es bzw. plant die Landesregierung?

In den Jahren 2021 und 2022 wurden bzw. werden 16 Veranstaltungen zur o. g. Thematik angeboten. Die Angebote erfolgen über das Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) bzw. über die Kompetenzzentren oder das Religionspädagogische Institut Loccum (RPI Loccum).
Inhaltlich sehen die Angebote neben Netzwerktreffen folgende Schwerpunkte vor:
– Grundkurs Schulseelsorge,
– Trauer bei Kindern und Jugendlichen wahrnehmen, verstehen und begleiten,
– Kinder trauern lassen,
– Tod und Trauer,
– Kinder trauern anders,
– Radieschen oder Wolke? Was kommt nach dem Tod,
– Verlust und Trauer in der Schule.
Im Rahmen der Qualifizierung für neu ernannte Schulleitungen stellen Schulpsychologinnen und
Schulpsychologen sich und ihre Arbeit vor. Die Thematik der Trauerbewältigung wird hierbei bedarfsorientiert integriert.

Die Schulpsychologie bietet darüber hinaus eine Qualifizierung von „Schulinternen Krisenteams“
nach den Standards der BABZ/AKNZ an. Viele Schulen haben bereits zum Aufbau von „Schulinter-
nen Krisenteams“ Personal über diese Qualifizierungen geschult. Diese Teams arbeiten in einem
Krisen- und Notfall eng abgestimmt mit den K&N-Teams der RLSB im Krisenmanagement zusam-
men. Zusätzlich zur Grundausbildung der schulischen Teams werden Vertiefungen, etwa für den
Umgang mit Suizid, angeboten.

Die Schulpsychologie bietet in Zusammenarbeit mit den Dezernentinnen und Dezernenten für schulische Sozialarbeit Fortbildungen für Schulsozialarbeit zum Umgang mit Krisen in Schulen an.
Ebenso werden Dienstbesprechungen und Fortbildungen für die Beratungslehrkräfte und die Schulseelsorge angeboten.

In der Weiterbildung zur Beratungslehrkraft werden ebenfalls regelmäßig der Umgang mit schuli-
schen Krisen und Notfällen und die Rolle der Beratungslehrkräfte in einem „Schulischen Krisenteam“ durch die Schulpsychologie thematisiert.

Darüber hinaus werden durch die Schulpsychologie Dienstbesprechungen, Supervisionen und Fortbildungen für Schulsozialarbeit, Schulseelsorge und Beratungslehrkräfte angeboten.

3. Wie unterstützt die Landesregierung Schulen finanziell, um im Zusammenhang mit To-
desfällen von Lehrkräften bzw. Schülerinnen und Schülern z. B. Nachrufe oder Kränze
zu ermöglichen?

Im Geschäftsbereich des Kultusministeriums wird am Schicksal der aktiven und der pensionierten
Landesbediensteten teilgenommen. Im Rahmen der Verwaltungspraxis wird diesbezüglich für die
aktiven Lehrkräfte eine Kranzspende ermöglicht sowie der Betrag für einen Nachruf erstattet. Für die bereits aus dem Dienst ausgeschiedenen Lehrkräfte wird ebenfalls der Betrag für eine Kranzspende bereitgestellt. Bei Todesfällen von Schülerinnen und Schülern ist eine finanzielle Beteiligung für Kranzspenden und Nachrufe durch die Landesregierung nicht vorgesehen.

4. Wie können Vereine mit der thematischen Ausrichtung zur Trauerbewältigung an Schu-
len seitens der Landesregierung unterstützt werden, um ihre Arbeit fortzusetzen?

Die Landesregierung unterstützt die Schulen in Form der im Rahmen der Beantwortung dieser An-
frage dargelegten Maßnahmen. Das Engagement gemeinnütziger Einrichtungen zur Trauerbewälti-
gung wird gewürdigt und begrüßt. Zuwendungen an Dritte werden durch die Landesregierung in diesem Zusammenhang nicht geleistet.

 

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