Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung:Wie bereitet sich das Land auf die Ganztagsschule 2026 vor?
Vorbemerkung der Abgeordneten
Mit dem Ganztagsfördergesetz hat der Bundestag einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an
Grundschulen beschlossen. Das ab 2026 schrittweise einzuführende Angebot soll in den Folgejahren
um jeweils eine Klassenstufe ausgeweitet werden. Im August 2029 sollen die Betreuungsangebote
so weit entwickelt sein, dass alle Grundschulkinder ganztägige Betreuung an den fünf Schultagen
erhalten. Für den Ausbau der Ganztagsbetreuung stehen bis zu 3,5 Milliarden Euro vom Bund zur Verfügung.
Im März 2022 kritisierte der Niedersächsische Städtetag, dass die Umsetzung des Rechtsanspruchs
auf Ganztagsbetreuung verschleppt werde. Insbesondere hinsichtlich der Übernahme der Mehrkosten sowie der Schaffung des rechtlichen Rahmens gebe es Handlungsbedarf.
Vorbemerkung der Landesregierung
Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter wird im Achten Sozialge-
setzbuch (SGB VIII) geregelt und sieht einen Gesamtumfang von acht Zeitstunden an fünf Werktagen
pro Woche sowie max. vier Wochen Schließzeit in den Ferien vor.
Der Ausbau bildungswirksamer ganztägiger Betreuungsangebote wurde in Niedersachsen in den
letzten Jahren insbesondere im Grundschulbereich intensiv vorangetrieben. Seit dem Schuljahr
2011/2012 hat sich der Anteil der Ganztagsschulen im Verhältnis zur Gesamtzahl der öffentlichen
allgemeinbildenden Schulen von rund 46 % auf nunmehr 73 % im Schuljahr 2021/2022 erhöht.
Niedersachsen kann somit im Hinblick auf die Bewältigung des erforderlichen weiteren Ausbaus dieser Angebote auf eine nahezu flächendeckende Struktur von Ganztagsschulen aufbauen. Zur Umsetzung des Rechtsanspruchs bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Land und Kommunen.
1. Wie bereitet sich das Land auf die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf die Ganztags-
schule ab 2026 vor?
Die Umsetzung des Rechtsanspruchs erfolgt in Niedersachsen durch den Ausbau des bereits auf und ausgebauten Ganztagsgrundschulsystems. Ziel ist es dabei, ein kind- und jugendgerechtes sowie bildungswirksames Angebot vorzuhalten, das sich nicht ausschließlich auf den Betreuungsaspekt beschränkt, sondern eine pädagogische und organisatorische Einheit in schulischer Verantwortung darstellt.
Als Ergebnis eines intensiven Diskussions- und Austauschprozesses wurden verschiedene Handlungsschwerpunkte identifiziert, die eine entsprechende Grundlage für die weiteren Schritte im Hinblick auf die Umsetzung des Rechtsanspruchs bilden. Im Rahmen dieses Umsetzungsprozesses
sind sowohl ein regelmäßiger Austausch zwischen den Landesbehörden als auch die intensive Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden und anderen Beteiligten von zentraler Bedeutung.
2. Wie organisiert und begleitet die Landesregierung die diesbezügliche Zusammenarbeit und den Prozess der schrittweisen Einführung interministeriell sowie zwischen der Landesregierung und den kommunalen Schulträgern?
Ein regelmäßiger Austausch sowie eine enge Prozessabstimmung innerhalb der Landesregierung
und zwischen Land und Kommunen ist Gelingensbedingung für eine erfolgreiche Umsetzungsplanung. Zu diesem Zweck wurden unter Federführung des Kultusministeriums verschiedene Arbeitsgruppen eingerichtet, die sowohl innerhalb des Ministeriums und behördenübergreifend unter Einbeziehung der Regionalen Landesämter für Schule und Bildung (RLSB) als auch ressortübergreifend einen intensiven Austausch im Hinblick auf die Umsetzung des Rechtsanspruchs gewährleisten. Hier erfolgt insbesondere mit der Staatskanzlei, dem Finanzministerium und dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung eine regelmäßige Abstimmung. Auch mit den kommunalen Spitzenverbänden werden Gespräche zur Umsetzung des Rechtsanspruchs geführt.
3. Welche besonderen Herausforderungen sieht die Landesregierung bei der Einführung?
Eine Herausforderung besteht darin, die für die Umsetzung des Rechtsanspruchs notwendigen zusätzlichen personellen und finanziellen Ressourcen bereitzustellen. Weiterhin gibt es deutliche regionale Unterschiede bezüglich des Ausbaustandes und der Ausstattung der Schulen. Durch die Verankerung des Rechtsanspruches im SGB VIII - dieser richtet sich gegen die Träger der Kinder- und Jugendhilfe - sowie die geplante Umsetzung durch Ganztagsgrundschulen werden zwei unterschiedliche Rechtskreise berührt. Dieses Spannungsfeld gilt es auszugleichen und die betroffenen Rechtskreise miteinander in Einklang zu bringen.
4. Wie werden die Träger und Verbände der Jugendarbeit des Sports, der Kultur, des Sozialbereichs, der Feuerwehr und anderer Bereiche bei dem Prozess eingebunden?
Die Grundlage für die Einbindung der genannten Akteure bildet einerseits die zwischen dem Kultusministerium und den kommunalen Spitzenverbänden im Jahr 2015 verhandelte Rahmenvereinbarung zur Zusammenarbeit in der Ganztagsgrundschule. Des Weiteren wurden in den zurückliegenden Jahren weitere Rahmenvereinbarungen mit Trägern aus unterschiedlichsten Bereichen beispielsweise des Sports, der Kultur sowie der Feuerwehr geschlossen. Sobald sich die Rahmenbedingungen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs konkretisiert haben, werden die Akteure im Rahmen des vereinbarten Austauschs eingebunden.
5. Wie werden die Träger und Verbände der Kinder- und Jugendhilfe bei dem Prozess eingebunden?
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung ist in der o. g. interministeriellen Arbeitsgruppe vertreten und fungiert damit auch als Bindeglied zwischen dem Kultusministerium und
den Trägern, Verbänden und Ausschüssen der Kinder- und Jugendhilfe.
6. Wie unterstützt das Land die Verzahnung der Jugendarbeit mit dem Ganztagsbetrieb ab 2026? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen.
7. Welche Fördermittel stehen für die Träger zur Verfügung?
In einem ersten Schritt hat Niedersachsen auf Basis der Verwaltungsvereinbarung „Finanzhilfen des
Bundes für das Investitionsprogramm zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder“ im Jahr 2021 knapp 70,6 Millionen Euro der insgesamt 750 Millionen Euro
Bundesmittel erhalten. Weiterhin gewährt der Bund den Ländern aus dem Sondervermögen „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ Finanzhilfen für Investitionen in den qualitativen und quantitativen Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder als sogenannte Basis- und Bonusmittel. Gemäß Königsteiner Schlüssel erhält Niedersachsen
aus diesem Vermögen rund 188 Millionen Euro. Eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern steht noch aus. Erste Verhandlungen hierzu haben stattgefunden.
Ergänzend wird sich der Bund ab 2026 stufenweise an den Betriebskosten beteiligen - bis hin zu
voraussichtlich rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr ab 2030.