Rede: Julia Hamburg zur Einsetzung einer Kinderkommission (Antrag CDU)

- Es gilt das gesprochene Wort - 

 

Sehr verehrter Herr Präsident

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

lieber Herr Meyer, ich verstehe Ihre Haltung in der Kinder- und Jugendpolitik wirklich nicht. Sie leuchtet mir einfach nicht ein. Wir als Regierungsfraktionen haben Anfang der Legislaturperiode einen Antrag auf Wiedereinrichtung des Landesjugendhilfeausschusses gestellt. Damit wollten wir die Kinder- und Jugendhilfe und die Beteiligung junger Menschen an unserer Gesellschaft stärken. Der Landesjugendhilfeausschuss sollte wieder mehr Fachlichkeit und die Interessen junger Menschen in die Politik bringen. Sie haben diesen Antrag in Bausch und Bogen abgelehnt.

Dann haben wir einen Antrag zum Thema Jugendpartizipation in den Antrag eingebracht. Zielrichtung ist es, jungen Menschen die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Und zwar wirkliche Teilhabe. Hier haben wir unter anderem auch die Wahlaltersenkung auf 16 Jahre gefordert. Aber echte Beteiligung Kinder und Jugendlicher? Verbesserung der Teilhabe junger Menschen? Haben Sie und ihre Fraktion auch in Bausch und Bogen abgelehnt, Herr Meyer.

Und nun? Fordern Sie die Einrichtung einer Kinderkommission. Sie wissen, damit rennen Sie bei uns offene Türen ein. Unsere Gesellschaft hat zwar in die Richtung Umsetzung der Kinderrechtskonvention bereits große Schritte gemacht. Aber das täuscht nicht darüber hinweg, dass es auch noch weitere große Schritte zu gehen gilt. Unsere Gesellschaft muss sich wandeln, Politik muss gestalten – die UN-Kinderrechtskonvention schreibt uns diverse Hausaufgaben ins Buch. Sei es das Thema Kinderarmut, die Umsetzung des Kinderschutzes, die Umsetzung des Rechts auf Bildung an unseren Schulen, das Recht auf Spiel und Freizeit, aber auch das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Bei all diesen Fragen sind wir noch nicht am Ende. Wir haben noch keine befriedigenden Lösungen gefunden und können und müssen noch besser werden.

Aber auch ein anderes Thema ist zentral. Das Recht auf Gleichberechtigung ist eines, bei dem unsere Gesellschaft –wir Erwachsenen- immer wieder an Grenzen stoßen. Wann dürfen Kinder selbst entscheiden. Wann und wie ermöglicht man Kindern Kritik zu üben und für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen. Wann brechen wir Kinder und verhindern, dass Sie sich zu starken Persönlichkeiten entwickeln und wann setzen wir Grenzen. Wann lernen Kinder Demokratie und was bedeutet echte Teilhabe? Wie wirken sich parlamentarische Debatten auf Kinder aus? Und wann sind ihre Belange wie zu berücksichtigen. Bei der Klärung all dieser Fragen leistet eine Kinderkommission eine wichtige Arbeit und kann eine große Hilfe sein. Deshalb steht ja die Einrichtung einer Kinderkommission auch in unserem Koalitionsvertrag. Zu klären ist allerdings die Frage, wie sich das Verhältnis zum Landesjugendhilfeausschuss gestaltet. Wir brauchen in der Tat auch keine Doppelstrukturen.

Herr Meyer, ich habe diesen Antrag gelesen und überlegt, ob ich mich jetzt ärgern soll. Oder ob Sie das eigentlich ernst meinen können. Oder ob Sie mir vielleicht sagen wollen, dass echte Beteiligung nicht in ihrem Interesse ist, Sie aber bei über den Themen schwebenden Kommissionen kein Problem mit Beteiligung haben?

Ich habe mich dagegen entschieden. Ich sehe diesen Antrag als Chance. Als Eingeständnis ihrerseits, dass Ihr bisheriger Weg nicht zwangsläufig Ihr endgültiger Weg ist. Dass Sie sich von best practice Modellen überzeugen lassen. Deshalb sehe ich mit Spannung auf die Beratung im Ausschuss und werbe auch noch einmal in Ihre Richtung: Folgen Sie den anderen Bundesländern auch in anderen Fragen mit ihren guten Erfahrungen. Nehmen Sie den Landesjugendhilfeausschuss an und vor allem: sorgen Sie mit uns auch für echte Beteiligung junger Menschen in diesem Land. Bringen Sie mit uns die Wahlaltersenkung voran. Vielen lieben Dank!

 

Zurück zum Pressearchiv