Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung :Illegale Bauschuttentsorgung auf dem Fliegerhorst-Gelände in Goslar?
Vorbemerkung der Abgeordneten
Die Goslarer Zeitung berichtete am 19.12.2020 unter dem Titel „Wilde Deponie auf dem Fliegerhorst?“:
„Erneuter Wirbel auf dem Fliegerhorst-Gelände: Die Goslarer Abteilungen der Umweltverbände Nabu (Naturschutzbund Deutschland), LBU (Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz) und BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) haben das illegale Betreiben einer ‚anonymen Bauschutt- und Abfalldeponie‘ auf dem Fliegerhorst-Gelände angezeigt.
Gegen wen sich die Anzeige richtet, ist noch nicht ganz klar. Aber: Im Nordosten des Fliegerhorstes wollen die Umweltschützer mitten in einem geschützten Bereich ‚eine aktiv betriebene regelrechte Deponie‘ vorgefunden haben. Am Tor habe sich kein Firmenschild befunden, allerdings seien Sonderabfälle ‚wie Asbest und Schlacken‘ bereits an der Oberfläche zu sehen gewesen. Noch in der Woche vor Weihnachten sei die Deponie von Lkw befahren worden. Die Verbände fordern die sofortige ‚Einstellung der Deponierung‘ sowie eine Untersuchung auf Schadstoffe und Beseitigung der Abfälle, die auch das Grundwasser gefährden könnten. Die Umweltverbände bezweifeln, dass Schutt dort nur zwischengelagert wird, weil er ‚fast komplett‘ eingebaut oder planiert sei.
Fliegerhorst-Investor Folkert Bruns widerspricht und betont, dass sämtlicher Bauschutt, für den seine Entwicklerfirma BLB verantwortlich zeichnet, vorschriftsgemäß und nachvollziehbar entsorgt werde.“
Der Rat der Stadt Goslar hat am 26.01.2021 ein neues Baugebiet auf dem ehemaligen Gelände beschlossen. Das Gelände des Fliegerhorsts ist als Altlastfläche eingestuft.
1. Was weiß die Landesregierung über mögliche illegale Abfallablagerungen auf dem Fliegerhorst Goslar?
Auslöser der Ermittlungen war eine Anzeige des BUND vom 13.12.2020, in der zunächst einige Bauschuttablagerungen auf dem Fliegerhorstgelände angezeigt wurden. Die Anzeige ging parallel dem Landkreis Goslar und der Polizeiinspektion Goslar zu. Mittlerweile sind auch das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig und die Stadt Goslar einbezogen. Hierüber wurde die Landesregierung vom Landkreis Goslar informiert. Aufgrund der Wettersituation hat erst am 25.02.2021 ein gemeinsamer Ortstermin (Landkreis Goslar, Stadt Goslar, Polizeidirektion Goslar und Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig) stattgefunden.
2. Wie und von wem wird das auf dem Gelände abgelagerte Boden- und Bauschuttmaterial untersucht?
Der Investor wurde von der Unteren Abfallbehörde des Landkreises Goslar aufgefordert, Stellung zur Herkunft, Menge und möglichen Verwertungsmöglichkeiten des Materials zu nehmen. Ob und für welche Flächen der Landkreis Verantwortliche zu der Erstellung einer Analyse verpflichtet, ist aktuell noch Bestandteil einer Prüfung und hängt auch von den vorgenannten Informationen ab.
3. Zu welchen Ergebnissen haben die Ermittlungen infolge der Anzeige bislang geführt?
Da die Sachverhaltsaufklärung noch nicht beendet ist und ein mit den beteiligten Behörden geplanter Ortstermin erst am 25.02. durchgeführt wurde, liegen noch keine Ergebnisse vor.
4. Wie können die Landesregierung bzw. ihre Behörden in Zukunft einen ordnungsgemäßen Abtransport von Altlastenmaterialien aus dem Fliegerhorst-Gelände Goslar sicherstellen?
Wird im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens das Erfordernis einer Entsorgung von Aushubmaterial festgestellt und entsprechend mit Auflagen adressiert, erfolgt immer eine Nachverfolgung der ordnungsgemäßen Umsetzung und Dokumentation der Auflagen.
5. Welche Vorgaben gelten für die Nutzung von Altlasten als Baugebiet?
Allgemein ist die Nutzung einer Altlast als Wohngebiet wie im vorliegenden Fall eher unüblich. Das Areal des Fliegerhorstes ist trotz seiner vollumfänglichen Ausweisung als Altlast aber nicht überall als Fläche zu werten, auf der mit nutzungsbedingten Kontaminationen zu rechnen ist.
Ist mit einer Kontamination des Erdreichs zu rechnen, wird hingegen i. d. R. eine gutachterliche Begleitung der Maßnahme und Analyse von Aushubmaterial gefordert. In der Folge kann der Boden gegebenenfalls nach Freigabe durch die untere Bodenschutzbehörde auf der Anfallfläche selbst verwertet werden (sofern keine Kontaminationen festgestellt werden). Wird eine Kontamination festgestellt, ist der Boden entsprechend den Vorgaben des Abfallrechts zu entsorgen.
6. Inwiefern wurden die Flächen des neuen Baugebiets vollständig auf Altlasten untersucht (bitte gegebenenfalls darstellen und begründen, welche Flächen nicht untersucht wurden)?
Grundlage für die Bewertung des Areals sind die folgenden Gutachten:
– AWIA Umwelt GmbH im Auftrag des Staatlichen Baumanagements Südniedersachsen; Konversion des ehemaligen Fliegerhorstes Goslar, historische Nutzungsrecherche vom 02.10.2013,
– AWIA Umwelt GmbH im Auftrag des Staatlichen Baumanagements Südniedersachsen; Konversion des ehemaligen Fliegerhorstes Goslar, orientierende Untersuchungen (Phase IIa, Kontaminationsverdachtsflächen) vom 24.03.2014,
– AWIA Umwelt GmbH im Auftrag des Staatlichen Baumanagements Südniedersachsen; Konversion des ehemaligen Fliegerhorstes Goslar, ergänzende orientierende Untersuchungen (Phase IIa, Kontaminationsverdachtsflächen) vom 15.10.2014,
– Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft mbH (BIG) im Auftrag des Landkreis Goslar; Ehemaliges Kasernengelände Fliegerhorst, Goslar / Jürgenohl - Durchführung Orientierenden Untersuchungen (4 Teilflächen; Förderrichtlinie Altlasten - Gewässerschutz) vom 24.10.2018,
– BIG im Auftrag des Landkreis Goslar; Ehemaliges Kasernengelände Fliegerhorst, Goslar / Jürgenohl - Sickerwasserprognose Teilfläche I (Förderrichtlinie Altlasten - Gewässerschutz) vom 24.04.2020,
– BIG im Auftrag des Pflichtigen: Ehemaliges Kasernengelände Fliegerhorst, Goslar / Jürgenohl - zurzeit laufende Detailuntersuchung Teilfläche I.
Weitergehende, flächendeckende Untersuchungen haben nicht stattgefunden, da es hierfür keine Verdachtsmomente gab (basierend auf der historischen Nutzungsrecherche).
7. Mit welchen Ergebnissen wurden die Untersuchungen abgeschlossen, bzw. wann sollen diese vorliegen?
Die Ergebnisse der Altlastenuntersuchungen liegen seit mehreren Jahren vor. Eine unmittelbare Sanierungsnotwendigkeit wurde bisher bei keiner der Kontaminationsverdachtsflächen festgestellt.
8. Welcher Sanierungsbedarf wurde für das Gelände des neuen Baugebiets festgestellt, und welche Sanierungsmaßnahmen sind notwendig?
Grundlage für die Einschätzung einer Sanierungsnotwendigkeit sind die o. a. Gutachten der AWIA Umwelt GmbH und der BIG. Ein dringender Sanierungsbedarf wurde für keine Fläche festgestellt. Erst wenn in einzelnen Bereichen Eingriffe in das Erdreich stattfinden, sind Sanierungsmaßnahmen in Betracht zu ziehen.
9. Was wird unternommen, um eine Verunreinigung des Grundwassers und der Fließgewässer in unmittelbarer Nähe des Geländes zu verhindern?
Eine akute Grund-/Fließgewässergefährdung wurde von der AWIA Umwelt GmbH und der BIG bisher nicht ausgemacht. Potenzielle Ausnahme ist hier lediglich die Mergelgrube, die aktuell einer Detailuntersuchung zur abschließenden Bewertung des Gefährdungspotenzials unterzogen wird.
10. Welche Auflagen gelten für den Umgang mit Bodenaushub aus den Altlastflächen?
Auf die Antwort zu der Frage 5 wird verwiesen. Bezogen auf die Kontaminationsverdachtsflächen wird i. d. R. eine gutachterliche Begleitung - alternativ eine Freimessung - gefordert.
11. Inwiefern soll belastetes Material auf den Flächen des neuen Baugebiets verbaut werden, und welche Auflagen gelten diesbezüglich?
Ist Bodenaushub auf einer Kontaminationsverdachtsfläche angefallen, steht einer Verwertung auf dem Areal des Fliegerhorstes nichts entgegen, sofern ein Verwertungszweck vorliegt und die Verwertung ordnungsgemäß und schadlos erfolgt.
12. War das Abholzen von Wald im Vorfeld der Ausweisung als Baugrundstück rechtmäßig?
Nein, das Abholzen von Wald im Vorfeld der Ausweisung als Baugrundstück war unrechtmäßig.
Am 09.10.2020 wurde gegenüber dem Landkreis Goslar der Beginn von Rodungsmaßnahmen auf dem Gelände des Fliegerhorstes angekündigt. Aufgrund eines Presseberichts am 21.10.2020 wurde bekannt, dass auf dem Gelände Fliegerhorst Nord im Auftrag des Vorhabenträgers umfangreichere Baumfällungen vorgenommen wurden. Vor Beginn der Rodungsarbeiten wurde jedoch weder die für die Zulässigkeit eines Kahlschlags erforderliche Zweimonatsfrist abgewartet noch lag eine Zustimmung (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 des Niedersächsischen Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung [NWaldLG]) bzw. Genehmigung (§ 8 Abs. 1 NWaldLG) für die Rodung vor. Die bestehenden Bebauungspläne lassen eine rechtmäßige Rodung bisher nicht zu.
Die Arbeiten wurden mit der Zielsetzung der Änderung in eine andere Nutzungsart durchgeführt, sodass der Sachverhalt einer nicht genehmigten Waldumwandlung erfüllt ist. Diesbezüglich wurde ein entsprechendes Ordnungswidrigkeitsverfahren durch den Landkreis Goslar eingeleitet.