Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung :Derzeitiger Ermittlungsstand bezüglich des Übergriffs auf M. A. am 18.01.2021 sowie Einordnung in die Polizeiliche Kriminalstatistik

Vorbemerkung der Abgeordneten

Laut Berichterstattung des Zeit-Blogs „Störungsmelder“ vom 13.04.2021 wurde der 20-jährige M. A. am 18.01.2021 mit insgesamt vier Pistolenkugeln niedergeschossen. Das aus Syrien geflüchteten Tatopfer befand sich laut Artikel zum Tatzeitpunkt mit einer weiteren Person auf dem Gelände einer SB-Waschanlage in Rotenburg. „Am selben Abend entschließen sich vier neunzehnjährige Männer aus einem Nachbardorf, Jagd auf Geflüchtete zu machen. Einer von ihnen fragt über den SocialMedia-Dienst Snapchat: ‚Bock ein paar Flüchtlinge zu ficken?‘ Der junge Mann steigt mit drei Bekannten in seinen Golf und fährt nach Rotenburg. Ihre Suche führt sie auf das Gelände der Waschanlage.“

Im Zuge einer Auseinandersetzung zwischen den mindestens vier Männern und dem Opfer kam es zu sieben Schüssen, wobei vier davon den flüchtenden M. A. trafen. Das Opfer überlebte den Angriff.

 

Vorbemerkung der Landesregierung

Nach dem Ergebnis der zwischenzeitlich abgeschlossenen Ermittlungen ist davon auszugehen, dass es sich bei der gewalttätigen Auseinandersetzung vom 18.01.2021 nicht um ein zufälliges Aufeinandertreffen zweier Gruppen und mutmaßlich auch nicht um eine ausländerfeindlich oder rassistisch motivierte Gewalttat gehandelt hat. Vielmehr hat es nach hiesigen Erkenntnissen im Vorfeld Streit zwischen einem der Beschuldigten und einer der Opfergruppe nahestehenden Person gegeben. Dabei hat vermutlich die Gruppe um die späteren Opfer die Tätergruppierung über eine dritte Person zu dem späteren Tatort gelockt. Die konkrete Gefahr, dass es dort zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung kommen könnte, dürfte dabei im Vorfeld von beiden Seiten zumindest im Kauf genommen worden sein. Hintergrund des vorangegangenen Streits soll der Umgang eines der Opfergruppe nahestehenden Mannes mit einer Frau gewesen sein, der von einem Mann aus der Tätergruppe beanstandet worden war.

 

1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung zum derzeitigen Ermittlungsstand hinsichtlich des oben beschriebenen Geschehens?

Die bei der Staatsanwaltschaft Verden unter dem Aktenzeichen 147 Js 2626/21 geführten Ermittlungen sind abgeschlossen. Gegen vier Beschuldigte wurde am 19.04.2021 Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung beim Landgericht Verden - Große Jugendkammer - erhoben. Einem Beschuldigten wird dabei hinsichtlich der bei der Tat verwendeten Waffe zusätzlich noch ein Verstoß gegen § 52 WaffG zur Last gelegt.

 

2. Hat die Landesregierung Kenntnis von einer möglichen Zugehörigkeit der Beschuldigten zur rechtsextremen Szene?

Im Rahmen der Ermittlungen wurden auf Mobilfunkgeräten von zwei Beschuldigten insgesamt zehn Dateien festgestellt, die auf eine rechtsextreme Neigung hindeuten könnten. Darunter befindet sich auch ein Bild (Snap) der in der Anfrage angesprochenen, kurz vor der Tat versandten Textnachricht.

Darüber hinaus sind im Rahmen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, aber auch nach Einbeziehung des polizeilichen Staatsschutzes keine Anhaltspunkte für eine Zugehörigkeit der Beschuldigten zur rechtsextremen Szene bekannt geworden.

 

3. Ist das oben angesprochene versuchte Tötungsdelikt in der Polizeilichen Kriminalstatistik als Politisch motivierte Kriminalität - rechts - geführt? Wenn nein, welche Begründung liegt dieser Einschätzung zugrunde?

Nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wird die Tat nicht als politisch motiviert - rechts - eingeordnet. Daher erfolgte keine Meldung dieses Sachverhalts im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes - Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) und nimmt somit keinen Einfluss auf die PMK-Statistik. Vielmehr dürfte unter Verweis auf die Vorbemerkung von einem eskalierten Streit aus verletztem Ehrgefühl auszugehen sein. Die hier in Rede stehende Tat wurde entsprechend in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst.

 

4. Geht die Landesregierung bei dem Angriff auf M. A. von Hasskriminalität aus? Wenn ja, welches Tatmotiv und Themenfeld legt die Landesregierung dieser Einordnung zugrunde? Wenn nein, von welchem Motiv geht sie aus?

Nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen ist die Tat nicht als Hasskriminalität zu bewerten, sondern es ist - wie in der Antwort zu Frage 4 dargelegt - von einem eskalierten Streit aus verletztem Ehrgefühl auszugehen.

 

5. Wenn die genannte Tat als Politisch motiviert - rechts - eingeordnet wurde: Welche Bedrohung geht nach Einschätzung der Landesregierung von der rechten Szene in Rotenburg aus?

Nach Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wird die Tat nicht als politisch motiviert - rechts - eingeordnet.

 

6. Wie viele als rechts eingeordnete Straftaten im Landkreis Rotenburg standen im Zusammenhang mit dem Gebrauch oder Besitz von Waffen (insbesondere Schusswaffen) sowie Sprengstoffmitteln?

Laut einer Recherche im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem ist es seit dem 01.01.2020 im Landkreis Rotenburg zu keiner rechtsmotivierten Straftat gekommen, die im Zusammenhang mit dem Gebrauch oder Besitz von Waffen (insbesondere Schusswaffen) sowie Sprengstoffmitteln stand.

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