Kleine Anfrage zur kurzfristigen schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung:Wie steht es um das warme Mittagessen für anspruchsberechtigte Kinder?

Vorbemerkung der Abgeordneten

In Deutschland haben rund 2,5 Millionen Menschen einen Rechtsanspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen. Dazu gehört auch die kostenlose Mittagsverpflegung. Durch die Schul- und Kita-Schließung ist diese flächendeckend ausgefallen. Durch das von der Bundesregierung beschlossene zweite Sozialschutzpaket tritt eine Sonderregelung aufgrund pandemiebedingter Schließungen für den Zeitraum vom 1. März bis zum 31.Juli 2020 in Kraft, die das warme Mittagessen für Kinder aus bedürftigen Familien sichert. So können die Kommunen nun beispielsweise Essenspakete nach Hause liefern oder das Mittagessen zur Abholung bereitstellen. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales geht es um neue und flexible Wege. 

Vorbemerkung der Landesregierung

Im Im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets werden für bedürftige Schülerinnen, Schüler und Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, die Aufwendungen für eine gemeinschaftliche Mittagsverpflegung berücksichtigt.

Mit den bundesgesetzlichen Regelungen des Sozialschutzpakets II vom 20.05.2020 werden vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Schließung von Kita, Schulen und Einrichtungen der Kindertagespflege die Möglichkeiten der Teilnahme an einer kostenfreien Mittagsverpflegung nach dem Bildungs- und Teilhabepaket - befristet vom 01.03.2020 bis zum 30.09.2020 - erheblich erweitert. So kommt es nun auf die Gemeinschaftlichkeit der Mittagsverpflegung sowie die Erbringung in schulischer Verantwortung nicht mehr an, und es werden auch die Kosten für die Lieferung des Essens übernommen. Obergrenze bleibt jedoch der zuvor anerkannte Preis je Mittagessen.

Erfasst von den Regelungen zur kostenfreien Mittagsverpflegung sind nunmehr alle Kinder, Schülerinnen und Schüler (bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs), die zum Zeitpunkt der Schließung der vorgenannten Einrichtungen hilfebedürftig im Sinne des Bildungs- und Teilhabepakets sind. Unerheblich ist, ob sie bereits vor der pandemiebedingten Schließung eine der vorgenannten Einrichtungen besuchten oder dort bereits ein Mittagessen bezogen haben.

Sachlich und örtlich zuständige Träger der Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket in den jeweiligen Rechtskreisen SGB II, SGB XII, AsylbLG, BVG, WoGG und § 6 b des Bundeskindergeldgesetzes sind die Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover. Sie vollziehen die Umsetzung der Aufgaben des Bildungs- und Teilhabepakets im eigenen Wirkungskreis. Dem Land obliegt insoweit lediglich die Rechtsaufsicht.

Erweiterte Statistikpflichten sind mit den Neureglungen zum kostenfreien Mittagessen nicht verbunden. Zur Beantwortung der nachstehenden Fragestellungen wird daher auf die aktuell zur Verfügung stehenden Daten nach den amtlichen Statistiken zur Erfassung des Bildungs- und Teilhabepakets zurückgegriffen. Diese beziehen sich, je nach maßgeblichem Rechtskreis, zu einem großen Teil noch auf Zeiträume vor Inkrafttreten des Sozialschutzpakets II, sodass mit Blick auf die mit dem Sozialschutzpaket II verbundene Ausweitung der Leistungsansprüche tendenziell mit einem Anstieg der Inanspruchnahme des kostenfreien Mittagsessens zu rechnen sein dürfte. Die Daten nach den amtlichen Statistiken ergeben zwar mangels einheitlicher amtlicher statistischer Erhebungsmerkmale kein vollständiges Bild und sind auch hinsichtlich des (möglichst aktuellen) verfügbaren Stands nicht vollständig kongruent, ermöglichen jedoch einen ersten Überblick über die Bildungs- und Teilhabeleistungen in den verschiedenen Rechtskreisen.

Eine (aufwendige) Erhebung bei den ausführenden Behörden kam - insbesondere in Hinblick auf die Kürze der Zeit und den Umfang der Unterlagen - nicht in Betracht.

1. Wie viele Kinder und Jugendliche, die in Niedersachsen eine Kita, Schule oder Kindertagespflegeeinrichtung besuchen, haben Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabegesetz (bitte differenzieren nach Alter, besuchter Einrichtungsart und Kommune)?

Die Fragestellung kann auf Grundlage der amtlichen Statistiken nicht vollumfänglich beantwortet werden, schon da fiktive Bedarfe nicht einheitlich erfasst werden. In den Bereichen des SGB II, SGB XII und des AsylbLG leitet sich der insoweit festgestellte Anspruch bzw. die diesbezügliche Datenerfassung aus der tatsächlichen Bewilligung von Bildungs- und Teilhabeleistungen ab. Demgegenüber ist beim Kinderzuschlag nach § 6 a BKGG die gesamte Anzahl der Kinder erfasst, für die ein solcher Zuschlag gezahlt wird, unabhängig von einer etwaigen Bewilligung von Bildungs- und Teilhabeleistungen. Auch im Rechtskreis nach dem WoGG sind alle Haushaltsmitglieder in Wohngeldhaushalten vor Vollendung des 25. Lebensjahrs erfasst, ohne Bezug zu einer konkreten Bewilligung von Bildungs- und Teilhabeleistungen.

Zu der angefragten Zuordnung nach „besuchter Einrichtungsart“ können keine Angaben gemacht werden, da dieses kein amtliches Erfassungsmerkmal ist. Angaben zur Altersstruktur liegen nur soweit vor, wie sie in den nachstehenden Aufstellungen dargestellt sind. Angaben zur Aufteilung nach Kommunen können für den Bereich des SGB II der in der Anlage beigefügten BA-Gesamtstatistik entnommen werden. Eine entsprechende Zuordnung im Bereich des SGB XII war wegen der gegebenenfalls erforderlichen aufwendigen Anonymisierungsprüfung in der Kürze der Zeit nicht möglich.

Danach ergibt sich - auf Basis des jeweils zugrundeliegenden Leistungsanspruchs - Folgendes:

  1. Angaben des BMAS - Leistungsanspruch „allgemein“

    Ausgehend von der Angabe des BMAS, dass vom Bildungspaket „bis zu 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche profitieren“ können, errechnet sich für Niedersachsen unter Anwendung des Königsteiner Schlüssels, dass landesweit insgesamt bis zu 235 248 Kinder und Jugendliche Anspruch auf Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket (nachfolgend: BuT) haben könnten.

  2. Nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit hatten im Februar 2020 in Niedersachsen insgesamt 120 989 leistungsberechtige Kinder und Jugendliche einen (festgestellten) Anspruch auf mindestens eine Leistungsart des BuT nach dem SGB II und davon 32 152 Leistungsberechtigte einen solchen Anspruch auf gemeinsame BuT-Mittagsverpflegung.

    (Tabelle in Drucksache oben rechts nachlesbar)

    III. Nach Angaben des LSN hatten landesweit im ersten Quartal 2020 insgesamt 8 135 Leistungsberechtigte einen festgestellten Anspruch auf mindestens eine Leistungsart des BuT nach dem AsylbLG und davon 2 297 Leistungsberechtigte einen solchen Anspruch auf gemeinsame BuT-Mittagsverpflegung.

    (Tabelle in Drucksache oben rechts nachlesbar)

    IV. Nach Angaben des LSN hatten landesweit im 1. Quartal 2020 insgesamt 1.800 Leistungsberechtigte einen festgestellten Anspruch auf mindestens eine Leistungsart BuT nach dem SGB XII2 und davon 500 Leistungsberechtigte einen solchen Anspruch auf gemeinsame BuT-Mittagsverpflegung.

    (Tabelle in Drucksache oben rechts nachlesbar)

  1. Nach Angaben der Familienkasse Niedersachsen-Bremen wurden im Mai 2020 landesweit für 75 728 Kinder ein Kinderzuschlag nach § 6 a BKGG gezahlt.

  2. Nach Angaben des LSN lebten im ersten Quartal 2020 landesweit 66 221 Haushaltsmitglieder bis zur Vollendung des 25 Lebensjahrs in Wohngeldhaushalten, davon 60 281 bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs und 5 940 bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs.

Hinsichtlich der unter V. (BKGG) und VI. (WoGG) aufgeführten Personenkreise wird hinsichtlich eines Leistungsanspruchs auf Bildungs- und Teilhabeleistungen in vielen Fällen Personenidentität bestehen.

2. Wie viele Kinder und Jugendliche bekommen derzeit kein warmes Mittagessen, obwohl ihnen nach dem Bildungs- und Teilhabegesetz eines zusteht (bitte differenzieren nach Alter, besuchter Einrichtungsart und Kommune)?

Die Anzahl der vom Grunde her anspruchsberechtigten Kinder und Jugendlichen, die derzeit kein warmes Mittagessen nach dem Teilhabepaket erhalten, wird nicht erfasst. Den vorliegenden Daten kann jedoch entnommen werden, dass von den Kindern und Jugendlichen, für die zumindest ein Anspruch auf eine Leistungsart nach dem Bildungs- und Teilhabepaket nach dem SGB II festgestellt wurde, lediglich für einen Anteil von knapp 27 % auch ein (festgestellter) Leistungsanspruch hinsichtlich des BuT-Mittagessens dokumentiert ist. Ein ähnliches Verhältnis von jeweils ca. 28 % ergibt sich für die Bereiche des AsylbLG und das SGB XII. Die den Leistungsanspruch ausweitenden Regelungen des Sozialschutzpakets II lassen jedoch einen Anstieg bei der Inanspruchnahme des BuT-Mittagessens erwarten.

3. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die unter 2. genannten Kinder und Jugendlichen auf andere Weise (z. B. durch das Austeilen von Lunchpaketen) mit einem warmen Mittagessen versorgt werden (bitte aufschlüsseln nach ideeller Unterstützung, Schaffung der Rahmenbedingungen für die Kommunen sowie finanzieller Unterstützung durch Bundes- sowie Landesmittel)?

Das Kultusministerium hat die Vernetzungsstelle Schulverpflegung bei der Niedersächsischen Landesschulbehörde beauftragt Schulen zu beraten, um die Schulverpflegung auch unter Corona-Bedingungen sicherzustellen. Dieser Auftrag hat allerdings alle Schülerinnen und Schüler im Blick und nicht nur Schülerinnen und Schüler mit BuT-Anspruch. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung führt die Niedersächsischen Hinweise zum Bildungs- und Teilhabepaket, beantwortet eingehende Anfragen zur Rechtsanwendung und nimmt sonstige Aufgaben der Rechtsaufsicht wahr. Im Übrigen handelt es sich um eine Aufgabe des eigenen kommunalen Wirkungskreises, die Maßnahmen der Fachaufsicht nicht zugänglich ist. 

Alle Tabellen & Anlagen in der Drucksache (oben rechts) nachlesbar 

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