Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung:Wie gestaltet sich der Schulunterricht unter Corona-Bedingungen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe?

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Digitalisierung im Bildungsbereich hat mit der Corona-Pandemie Fahrt aufgenommen. Weniger im Fokus stehen Beobachtern zufolge dabei allerdings Kinder und Jugendliche, die in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe leben. In Abhängigkeit von der persönlichen Situation besuchen diese Kinder und Jugendlichen entweder regulären Unterricht außerhalb der Einrichtung oder sollen in der Einrichtung beschult werden.

 

Vorbemerkung der Landesregierung

Mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 werden die gesamte Gesellschaft, das Gesundheitswesen und auch die Kinder- und Jugendhilfe vor enorme Herausforderungen gestellt. Die Unsicherheiten, die mit den Auswirkungen des Coronavirus einhergehen, bedeuten gerade auch für den Kinderschutz eine enorme Bewährungsprobe. Schul- und Kita-Schließungen haben erhebliche Auswirkungen auf den Alltag der Familien. Die Kontakteinschränkungen wirken sich auch auf das Leistungsangebot der Kinder- und Jugendhilfe aus. Das Aufrechterhalten des Betriebes von Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe, die für einen funktionierenden Kinderschutz und zur Sicherstellung des Kindeswohls notwendig sind, ist mit Blick auf die heutige Situation dringender denn je. Die freie und öffentliche Jugendhilfe bleiben Garant des Kindeswohls.

Der Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe, junge Menschen zu fördern, ihre Erziehungsberechtigten zu beraten und zu unterstützen sowie Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen (§ 1 SGB VIII), gilt unabhängig von einer etwaigen Krisensituation, wie sie derzeit mit der aktuellen Ausnahmesituation durch die Corona-Pandemie besteht.

Die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen, ist primär die elterliche Erziehungsverantwortung (Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Der Kinder- und Jugendhilfe kommt dabei die Aufgabe des staatlichen Wächteramtes zu (Artikel 6 Abs. 2 Satz 2 GG). Das Aufrechterhalten des Betriebes von Einrichtungen über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder von sonstigen Wohnformen, die für einen funktionierenden Kinderschutz notwendig sind, ist in Niedersachsen zu jedem Zeitpunkt sichergestellt.

Jugendämter nehmen als Behörden kommunaler Verwaltung die Aufgaben der Landkreise und kreisfreien Städte und der Region Hannover als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf der Grundlage des SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe - wahr. Sie führen diese Aufgaben im Rahmen der in Artikel 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten kommunalen Selbstverwaltung im eigenen Wirkungskreis aus.

Auf die Gewährung von Erziehungshilfen besteht ein Rechtsanspruch, wenn eine dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Die Landesregierung setzt sich ausdrücklich dafür ein, dass im Interesse des Wohls aller Kinder und Jugendlichen und ihrer Familien die öffentliche und freie Jugendhilfe bestmöglich unterstützt werden, um auch in dieser herausfordernden Zeit den Kinderschutz sicherzustellen und die Kinder und Jugendlichen bestmöglich zu versorgen.

Folgende Hinweise zu den Antworten werden gegeben:

Die Beantwortung der Fragen bezieht sich auf stationäre Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Von den dort am Stichtag 31.12.2019 lebenden 12 800 jungen Menschen bezogen 12 757 Leistungen nach dem SGB VIII (98 %) und 263 Leistungen nach dem SGB XII, §§ 71, 72 JGG und sonstige Leistungen (2 %)1 . Auch für diese Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen gilt grundsätzlich die Schulpflicht nach §§ 63 Abs.1 S.1, 65 Abs.1 in Verbindung mit § 64 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG). Die Schülerinnen und Schüler unterliegen auch beim Lernen bzw. Arbeiten zu Hause der Schulpflicht.

Zur Beantwortung der Fragen 1, 2 und 6 wird die Stichtagserhebung der teil- und vollstationären Jugendhilfeeinrichtungen in Niedersachsen des Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie vom 31.12.2019 gemäß § 47 Satz 1 Nr.1 SGB VIII herangezogen. Erhebungen für die Jahre 2020 und 2021 liegen noch nicht vor.

Die Antworten beziehen sich auf alle jungen Menschen, die in den o. g. niedersächsischen Einrichtungen leben, und nicht nur auf Kinder i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII.

 

1. Wie viele Kinder leben derzeit in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe in Niedersachsen, und wie viele von ihnen unterliegen der Schulpflicht?

Nach der Stichtagserhebung der teil- und vollstationären Jugendhilfeeinrichtungen in Niedersachsen des Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie vom 31.12.2019 gemäß § 47 Satz 1 Nr.1 SGB VIII haben zu diesem Zeitpunkt 12 800 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen gelebt, von denen 10 334 der Schulpflicht unterlagen. Mit berücksichtigt wurden hier auch junge Menschen, die ein Praktikum, ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Freiwilliges Ökologisches Jahr o. ä. absolviert haben, da davon auszugehen ist, dass viele von ihnen noch der Schulpflicht unterliegen. Die Bereiche „Sonstige berufliche Förderung“ und „Sonstige berufliche Förderung in der Einrichtung“ wurden der Gruppe der Schulpflichtigen nicht zugeordnet. In der Praxis handelt es sich meist um Heranwachsende, die oftmals schon eine längere Schulzeit mit Wiederholungen von Klassen absolvierten. Mit einer sehr individuelleren Förderung sollen diese Heranwachsenden für den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt befähigt werden.

Detaillierte Informationen können der folgenden Aufstellung entnommen werden:

[Tabelle in Drucksache einsehbar, Link oben rechts]

 

2. Wie viele der schulpflichtigen Kinder nehmen am Schulunterricht außerhalb der Einrichtung teil?

Von den 10 334 schulpflichtigen Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen haben 9 776 am Schulunterricht außerhalb der Einrichtung teilgenommen.

a) Sind alle diese Kinder mit Endgeräten für den digitalen Unterricht ausgestattet?

Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen.

b) Welche Fördermittel können Kinder und Jugendliche in Anspruch nehmen, die in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe leben und nicht über ein digitales Endgerät für den Schulunterricht verfügen?

Da Kinder und Jugendliche, die in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe leben, zu einem überwiegenden Teil auf Regelschulen gehen, gilt für sie die gleiche Unterstützung wie für Schülerinnen und Schüler außerhalb dieser Einrichtungen.

Der Bund und das Land Niedersachsen haben in Kooperation mit den Schulträgern das Sofortausstattungsprogramm „Leihgeräte für Schülerinnen und Schüler mit Bedarf“ in der zweiten Jahreshälfte 2020 umgesetzt, um die Teilhabe am Distanzunterricht sicherzustellen.

Die so beschafften mobilen Endgeräte können von der jeweiligen Schule im Bedarfsfall Schülerinnen und Schülern, die über kein eigenes Endgerät verfügen, zur Verfügung gestellt werden und auch in Jugendhilfeeinrichtungen genutzt werden.

c) Steht allen Kindern ein Arbeitsplatz in der Einrichtung zur Verfügung?

Träger einer Einrichtung, in der Kinder oder Jugendliche ganztätig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten, bedürfen nach § 45 SGB VIII für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis. Die räumlichen Mindestvoraussetzungen in betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen sehen Ein- oder Zweibettzimmer vor sowie entsprechend der konzeptionellen Ausrichtung Gemeinschaftsräume in ausreichender Zahl und Größe im Verhältnis zur Zahl der Betreuten. Die Sicherstellung der Schulpflichterfüllung ist eine Voraussetzung der Betriebserlaubnis gemäß § 45 SGB VIII.

 

3. Wie viele Kinder werden in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe beschult?

Nach der Stichtagserhebung der teil- und vollstationären Jugendhilfeeinrichtungen in Niedersachsen des Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie vom 31.12.2019 gemäß § 47 Satz 1 Nr.1 SGB VIII wurden zu diesem Zeitpunkt 558 Kinder und Jugendliche in heimeigenen Förderschulen beschult.

 

4. Wie gestaltet sich der Schulunterricht unter Pandemiebedingungen in den jeweiligen Einrichtungen?

Kennzeichnend für die stationäre Jugendhilfe in Niedersachsen sind

– die Trägervielfalt,

– die unterschiedliche Struktur und Größe der Einrichtungen (Platzzahl) sowie die Größe gegebenenfalls dezentraler Einrichtungsstandorte und deren regionale Lage,

– die Unterschiede im Hinblick auf die konzeptionelle Ausrichtung der Leistungsangebote und Betreuungssettings, die Rechtsgrundlagen der Aufnahme und Betreuung, die Altersstruktur der Betreuten, die personelle Mindestausstattung sowie

– die Unterschiede hinsichtlich einer digitalen Ausstattung und sicheren, stabilen Verfügbarkeit einer Internetverbindung.

Die Sicherstellung der Schulpflichterfüllung ist eine Voraussetzung der Betriebserlaubnis gemäß § 45 SGB VIII. Die Ausgestaltung des Schulunterrichts unter Pandemiebedingungen erfolgt einrichtungsspezifisch unter Beachtung der jeweils aktuellen Corona-Verordnungen des Landes Niedersachsen. Eine allgemeingültige Vorgabe zu der Umsetzung des Regelschulbesuchs, dem Wechsel zwischen dem Präsenzunterricht und der Durchführung des Distanzunterrichtes für Einrichtungen der Kinderund Jugendhilfe ist nicht möglich. Es ist Aufgabe des gesamtverantwortlichen Einrichtungsträgers, passgenaue Formen der Beschulung für die unterschiedliche Klientel (Alter, Betreuungsbedarfe, Besuch unterschiedlicher Schultypen) zu entwickeln, zu erproben und gegebenenfalls aufgrund neuer Entwicklungen während der Pandemie im Sinne der Kinder und Jugendlichen kurzfristig nachzusteuern.

Die Umsetzung des Bildungsauftrages mit Hinblick auf das einzelne Kind und die einzelne Jugendliche bzw. den einzelnen Jugendlichen sowie die Sicherstellung der individuellen Beschulung sind grundsätzlich Bestandteil der Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII, die unter der Federführung der unterbringenden Jugendämter durchzuführen und regelmäßig zu überprüfen sind.

Das Landesjugendamt berät gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 7 SGB VIII die Einrichtungsträger während der Planung und Betriebsführung insbesondere dann, wenn es um Veränderungen der Konzeption oder des Leistungsangebotes geht. Fragen aus dem Zuständigkeitsbereich der Schulen fallen nicht in das Beratungsspektrum des Landesjugendamtes.

In der einzigen geschlossenen Jugendhilfeeinrichtung in Niedersachsen - der geschlossenen intensivtherapeutischen Wohngruppe (GITW) in Lohne - ist die reguläre Beschulung durch die JanuszKorczak-Schule in den Räumlichkeiten der GITW aufgrund der COVID-19-Maßnahmen aktuell ausgesetzt. Auch hier findet der Distanzunterricht, begleitet durch die Fachkräfte des pädagogischen Dienstes, statt.

5. Welche fachlichen Qualifikationen haben die Betreuungspersonen in den Einrichtungen in Bezug auf die Unterstützung der Kinder und Jugendlichen beim Lernen bzw. welche Anforderungen an die fachliche Qualifikation gibt es?

Für betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen nach § 45 SGB VIII gilt das Fachkräftegebot. Die Anforderung an die Qualifikation des dort tätigen Personals sind unter Ziffer 7 der „Hinweise für die Erteilung der Betriebserlaubnis von Einrichtungen und sonstigen betreuten Wohnformen nach §§ 45 ff. SGB VIII durch das Landesamt“, Stand 03.07.20192 , detailliert aufgeführt. Die Personalausstattung der einzelnen Einrichtungsangebote richtet sich nach dem jeweiligen Leistungsangebot. Für die pädagogische Arbeit sind nur pädagogische Fachkräfte zu beschäftigen. Pädagogische Fachkräfte (Ziffer 7.3) sind danach:

– staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher,

– staatlich anerkannte Dipl.-Sozialpädagoginnen und Dipl.-Sozialpädagogen,

– staatlich anerkannte Dipl.-Sozialarbeiterinnen und Dipl.-Sozialarbeiter,

– Dipl.-Pädagoginnen und Dipl.-Pädagogen,

– Dipl.-Psychologinnen und Dipl.-Psychologen,

– Heilpädagoginnen und Heilpädagogen,

– Dipl.-Religionspädagoginnen und Dipl.-Religionspädagogen,

– Absolventinnen und Absolventen mit Bachelor-Abschluss der Fachrichtungen Sozialarbeit und -pädagogik, Pädagogik und/oder Psychologie,

– Absolventinnen und Absolventen von Masterstudiengängen mit entsprechendem Abschluss mit Schwerpunkt Sozialarbeit und -pädagogik, Pädagogik und/oder Psychologie und

– Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger / Heilerzieherinnen und Heilerzieher.

Für die Beschäftigung von dual Studierenden gilt eine Sonderregelung nach dem Erlass des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 22.05.2019.

Wollen Einrichtungsträger Personen mit anderen Ausbildungsabschlüssen beschäftigen, die aufgrund ihrer Ausbildung, besonderer Fähigkeiten und Erfahrungen in der Lage sind, die jeweiligen Aufgaben zu erfüllen, ist vor deren Einstellung eine Vereinbarung mit dem Landesjugendamt zu treffen.

Für die Begleitung und die Unterstützung der Kinder und Jugendlichen beim Lernen außerhalb des Präsenzunterrichts in der Regelschule können Träger die Arbeitszeit von Fachkräften erhöhen, befristet Fachkräfte einstellen, andere geeignete Kräfte befristet beschäftigen (z. B. Lehramtsstudentinnen bzw. -studenten, pensionierte Lehrerinnen bzw. Lehrer) oder beim Träger beschäftigte Lehrkräfte der Förderschule in eigener Trägerschaft in den Wohngruppen einsetzen.

In der frühen Phase der Pandemie hatten es das Kultusministerium zusammen mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung ermöglicht, Schülerinnen und Schüler der Fachschule Sozialpädagogik für die Mithilfe in der Kinder- und Jugendhilfe zu gewinnen, um bei kurzfristigen personellen Engpässen vorrübergehend zu unterstützen (Erlass MK vom 08.04.2020, Az.: 43- 81050/4).

 

6. Welcher Anteil der betreuten Kinder und Jugendliche hat einen sonderpädagogischen Förderbedarf?

Nach der Stichtagserhebung der teil- und vollstationären Jugendhilfeeinrichtungen in Niedersachsen des Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie vom 31.12.2019 gemäß § 47 Satz 1 Nr.1 SGB VIII besuchten 2 194 Kinder und Jugendliche aufgrund eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs eine Förderschule bzw. heimeigene Förderschule.

 

7. Wie wird sonderpädagogischen Förderbedarfen bei einer Beschulung innerhalb der Einrichtung Rechnung getragen?

Die Einrichtungsträger beschreiben in ihren jeweiligen Leistungsangeboten, welche schulischen Unterstützungsmaßnahmen zur Grundleistung gehören (z. B. Hausaufgabenhilfe, Nachhilfeunterricht). Sie können weiterhin gemäß § 8 des Niedersächsischen Rahmenvertrages nach § 78 f SGB VIII, zuletzt geändert am 01.10.20193 , individuelle Sonderleistungen (z. B. besondere Einzelförderung) auf der Grundlage des Hilfeplans in begründeten Einzelfällen vereinbaren.

Aufgrund der Einrichtungsvielfalt ist landesweit von unterschiedlichen methodischen, didaktischen und personellen Rahmenbedingungen in den Einrichtungen der Jugendhilfe auszugehen.

Für alle Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung liegt in den Schulen ein individueller Förderplan vor. Auf dieser Grundlage erfolgt eine kontinuierliche sonderpädagogische Förderung.

 

8. Welche Informationen liegen der Landesregierung zur technischen Ausstattung stationärer Einrichtungen der Jugendhilfe für den digitalen Schulunterricht vor?

Das Landesjugendamt hat in Leistungsangeboten festgestellt, dass sich die Einrichtungsträger in unterschiedlicher Intensität und Qualität mit den Fragen der Digitalisierung innerhalb der Einrichtung befassen. Das gilt sowohl für Arbeitsprozesse (z. B. digitale Hilfeplankonferenzen, Elterngespräche etc.) als auch für die Sicherstellung der technischen Ausstattung für die Beschulung.

Der Heimaufsicht liegen einzelne Hinweise daraufhin vor, dass die technische Ausstattung für den Distanzunterricht als verbesserungswürdig eingeschätzt wird und die betreuten Schülerinnen und Schüler mit mehr Endgeräten ausgestattet werden sollten. Hinsichtlich der Frage der Kostenübernahme verhalten sich die Jugendämter uneinheitlich.

Die Fallverantwortung für einzelne Kinder oder Jugendliche, die sich in stationärer Betreuung befinden, obliegt den örtlich zuständigen öffentlichen Jugendhilfeträgern, die diese Aufgabe im Rahmen des eigenen Wirkungskreises wahrnehmen (s. Vorbemerkung der Landesregierung).

Im Bereich der (teil-)stationären Hilfen zur Erziehung schließen die örtlich zuständigen öffentlichen Jugendhilfeträger mit den Trägern der leistungserbringenden Einrichtungen Leistungs- und Entgeltvereinbarungen nach § 78 c Abs. 1 SGB VIII. Diese Vereinbarungen sind nach § 78 b SGB VIII Voraussetzung für die Entgeltübernahme durch die die Einrichtung belegenden öffentlichen Träger. Insbesondere die Leistungsvereinbarung, die Aussagen zu Inhalt, Umfang und Qualität beinhalten muss, bietet den Jugendämtern die Möglichkeit, passgenaue Hilfen für ihren Bedarf zu entwickeln und zu prüfen, ob der Träger seine Leistungen unter den Grundsätzen der Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit kalkuliert hat. Unter die Verhandlungen zwischen den Jugendämtern und den leistungserbringenden Einrichtungen fällt insoweit auch die technische Ausstattung der jeweiligen Einrichtung.

Der Beirat zum Niedersächsischen Rahmenvertrag SGB VIII hat in seiner (Online‐)Sitzung am 23.04.2020 folgenden Beschluss gefasst (siehe Auslegungshinweise zur Finanzierung zusätzlicher Aufwendungen während der Corona-Pandemie des Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie)4 :

„Die Problematik der zusätzlichen Aufwendungen im Rahmen der Corona‐Pandemie (zusätzliche Vormittagsbetreuung, Sachkosten durch Hygieneartikel, Masken etc.) ist bekannt. Der Beirat empfiehlt, in diesen Fällen mit dem vereinbarenden Jugendamt eine zusätzliche (Entgelt‐)Vereinbarung zu treffen, in der diese Kosten unter Berücksichtigung der konkreten Ressourcen sowie der übrigen Kompensationsmöglichkeiten der Einrichtung geregelt werden. Der Beirat empfiehlt, eine Laufzeit zu vereinbaren, die sich an den Gegebenheiten vor Ort orientiert, bis die Einrichtung das regelmäßige Betreuungssetting wieder sicherstellen kann.“

 

9. Welche Fördermittel können stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe in Anspruch nehmen, um digitale Endgeräte anzuschaffen und ihre technische Ausstattung zu verbessern?

Zur Förderung der stationär untergebrachten Kinder und Jugendlichen wird auf die Antwort zu Frage 2 b und zur Entgeltfinanzierung digitaler Ausstattung in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen

 

10. Welche Vorgaben gibt es für den Schulunterricht in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe in Bezug auf die technische und räumliche Ausstattung?

Die aktuellen „Hinweise für die Erteilung der Betriebserlaubnis von Einrichtungen und sonstigen betreuten Wohnformen nach §§ 45 ff SGB VIII durch das Landesamt“, Stand 03.07.2019, enthalten keine speziellen Vorgaben für räumliche und technische Mindeststandards für den Schulunterricht.

 

11. Gelten stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe bei Kontaktbeschränkungen jeweils als ein Haushalt?

Wohngruppen mit Schichtdienst, familienanaloge Wohngruppen, einzelne Projekt- oder Erziehungsstellen sind jeweils als ein Haushalt zu sehen, nicht aber die Einrichtung insgesamt.

 

12. Gibt es Empfehlungen oder Vorgaben für die Einrichtungen zum Umgang mit dem Infektionsschutz und dem gleichzeitigen (digitalen/telefonischen) Aufrechterhalten von Außenkontakten?

Für die Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes sind die örtlichen Gesundheitsämter zuständig. Im Rahmen der Beratung der Träger von Einrichtungen durch das Landesjugendamt gemäß § 85 Abs. 2 Nr. 7 SGB VIII werden vielfältige, altersspezifische technische und digitale Möglichkeiten des Kontaktes empfohlen, kreative Lösungen unter Beachtung der jeweils geltenden Corona-Verordnungen angeregt. Hierzu zählen beispielsweise Videokonferenzen, Videoanrufe, E-Mail-Kontakte, Telefonate, Briefe, Gespräche am „Gartenzaun“, Einrichtung von geeigneten Besucherzimmern oder Spaziergänge mit Abstand.

Viele freie Träger haben trotz der schwierigen Rahmenbedingungen flexibel auf die neuen Herausforderungen reagiert und neue Wege der Kommunikation eingeführt. Die Fachkräfte beweisen in dieser Situation mit ihrer Arbeit, wie flexibel und unmittelbar sie auf neue, geänderte Rahmenbedingungen und Anforderungen reagieren können, auch wenn diese neuen Wege nicht die bisherige Unterstützung ersetzen können. Um digitale Kommunikationswege sinnvoll zu nutzen, ist neben der technischen Ausstattung auch das Erarbeiten von Methoden für einen sinnvollen, praktikablen und zugleich datenschutzkonformen Umgang mit den neuen Kommunikationsformen erforderlich. Das Landesjugendamt bietet ein umfassendes Fortbildungsprogramm aus allen Bereichen der Jugendhilfe an. Diese Qualifizierungsangebote werden fortlaufend den aktuellen, pandemiebedingten Erfordernissen angepasst.

 

13. Wie bewertet die Landesregierung in Zeiten strenger Kontaktbeschränkungen Maßnahmen wie den Entzug von Handys in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe?

Die Fallverantwortung für einzelne Kinder oder Jugendliche, die sich in (teil-)stationärer Betreuung befinden, obliegt den örtlich zuständigen öffentlichen Jugendhilfeträgern, die diese Aufgabe im Rahmen des eigenen Wirkungskreises wahrnehmen (siehe Vorbemerkung der Landesregierung).

Medienschutzkonzepte, in denen z. B. auch der Zugriff, die Nutzungszeiten und der kontrollierte Umgang mit dem Handy transparent geregelt werden, sind Bestandteil der Qualitätsentwicklung einer Jugendhilfeeinrichtung, unabhängig von einer Corona-Pandemie. Gerade der Umgang mit digitalen Medien, deren Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren sollten im Rahmen von geeigneten Verfahren der Beteiligung mit den jungen Menschen selbst und gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Beratungsstellen zur Qualifizierung der Mitarbeitenden in den Jugendhilfeeinrichtungen altersspezifisch und zielgruppenorientiert erarbeitet werden.

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