Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung:Welche Gefahr geht von Rechtsextremen in Eschede aus?

Vorbemerkung der Abgeordneten

Wie bereits in mehreren Anfragen thematisiert, nutzt die rechtsextreme Szene in Niedersachsen den sogenannten Hof Nahtz in Eschede, Landkreis Celle, als Veranstaltungsort und Schulungszentrum. Auch im Dezember 2020 fand dort eine sogenannte Sonnenwendfeier statt. Laut Angaben von Anwohnerinnen und Anwohnern versuchten zudem in der rechtsextremen Szene bekannten Personen, in Eschede und Umgebung Wohnungen anzumieten. Der Sprecher des örtlichen Bündnisses gegen Rechtsextremismus befürchtete in einem Tweet, dass ein sogenannter PullFaktor einsetzen könnte, der noch mehr Rechtsextreme in die Region locken könnten. Aktivistinnen und Aktivisten, die sich gegen derartige Bestrebungen engagierten, berichteten zudem von Bedrohungen. 

Vorbemerkung der Landesregierung

Im Rahmen der Aufgabenerledigung niedersächsischer Sicherheitsbehörden werden präventive, gefahrenabwehrende und repressive Maßnahmen durchgeführt, um den extremistischen Erscheinungsformen und der Politisch motivierten Kriminalität konsequent und nachhaltig zu begegnen. Die Landesregierung steht den kommunalen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern vor Ort als Ansprechpartner jederzeit zur Verfügung, um gemeinsam extremistische Aktivitäten unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten zu bekämpfen. Zu den einzelnen rechtlichen Möglichkeiten wird auf die Antwort der Landesregierung in der Drucksache 18/7983 auf die Kleine Anfrage in der Drucksache 18/7662 verwiesen.

1. Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Situation im Landkreis Celle und im Speziellen in Eschede?

Der „Hof Nahtz“ in Eschede wird seit mehreren Jahren als Ort für verschiedene rechtsextremistische Veranstaltungsformate genutzt und ist Ausgangspunkt für Rechts-/Linkskonfrontationen. Mit dem Kauf des sogenannten „Hof Nahtz“ im Jahr 2019 durch die „Nationaldemokratische Partei Deutschland“ (NPD) hat sich die Situation in Eschede sowie im Landkreis Celle nicht grundlegend verändert. Der Landkreis Celle ist auch weiterhin nicht als regionaler Schwerpunkt rechtsextremistischer Aktivitäten einzustufen. 

2. Welche Beobachtungen werden von den Behörden bezüglich eines vermehrten Zuzugs in die Region durch rechtsextreme Gruppen und Einzelpersonen gemacht?

Ein Zuzug rechtsextremistischer Gruppen und/oder Personen in die Region ist nicht zu verzeichnen. 

3. Welche bundesweite Bedeutung hat der Hof Nathtz für die rechtsextreme Szene aktuell? Der „Hof Nahtz“ hat nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden keine herausgehobene bundesweite Bedeutung. Zu den alljährlichen Brauchtumsfeiern kommt es allerdings durchaus zu Anreisen von Rechtsextremisten aus dem norddeutschen Raum.

4. Welches Personenpotenzial sieht die Landesregierung in der rechtsextremen Szene im Landkreis Celle und in Eschede? Wie hat sich dieses entwickelt?

Die Gemeinde Eschede weist kein relevantes rechtsextremistisches Personenpotenzial auf. In jüngster Vergangenheit sind keine Aktivitäten des rechtsextremistischen Spektrums im Landkreis Celle festgestellt worden. Die Betätigungen der neonazistischen „Kameradschaft Celle“, der „Snevern Jungs“ und der „Düütschen Deerns“ sind zum Erliegen gekommen. Der NPD-Unterbezirk HeideWendland ist im Landkreis Celle nicht aktiv.

5. Wie bewertet die Landesregierung die dadurch möglicherweise entstehende Gefährdung?

Die Landesregierung sieht durch die Entwicklungen in der Region weder in Eschede noch im Landkreis Celle eine veränderte Gefährdungslage.

6. Welche Präventions- und Beratungsangebote wurden Betroffenen und Bürgerinnen und Bürgern in Eschede gemacht?

Das Landes-Demokratiezentrum im Niedersächsischen Justizministerium ist für die Umsetzung des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ in Niedersachsen und somit u. a. für die Ausgestaltung einer landesweiten Beratungsstruktur zuständig. In diesem Rahmen werden beispielsweise die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus für Demokratie und die Beratung Betroffener rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt gefördert. Ihre Angebote bestehen landesweit und stehen auch den Bürgerinnen und Bürgern in Eschede zur Verfügung. Die Mobile Beratung ist in diesem Kontext bereits tätig und berät die Kommune wie auch das Bündnis gegen Rechtsextremismus vor Ort.

Eine flankierende Begleitung vor, während und nach polizeilichen Einsatzlagen im Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen in Eschede erfolgt durch das Konfliktmanagement des sozialwissenschaftlichen Dienstes der Zentralen Polizeidirektion.

Im Rahmen der Einsätze erfolgt ein reger Austausch mit Anwohnerinnen und Anwohnern sowie den verschiedenen Akteuren vor Ort. Dabei sind die Gesprächspartner neben den verantwortlichen Versammlungsleiterinnen/-leitern auch die Ansprechpartnerinnen/-partner der Bündnisse „Netzwerk Südheide“, „Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus“ und „Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus“.

Die Präventionsangebote des Niedersächsischen Verfassungsschutzes wie das Aussteigerprogramm Aktion Neustart, die Bereitstellung von Referentinnen und Referenten für Vortragsveranstaltungen sowie die fachliche Begleitung beim Aufbau von Präventionsstrukturen stehen dem Landkreis Celle sowie seinen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung.

7. Wie bewertet die Landesregierung den Versuch der NPD, Manfred Dammann als Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Eschede aufzustellen?

Eine möglicherweise angestrebte Kandidatur des NPD-Landesvorsitzenden Manfred Dammann kann durchaus als Mittel zur Provokation verstanden werden. 

8. Welche Veranstaltungen sind nach Kenntnis der Landesregierung im Jahr 2021 aus der rechten Szene auf dem Hof Nahtz oder im Landkreis Celle geplant (bitte auflisten)?

Zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine Anmeldungen von Veranstaltungen auf dem „Hof Nahtz“ in Eschede vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch in diesem Jahr Versammlungen der NPD auf dem „Hof Nahtz“ in Eschede stattfinden werden.

In Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung der pandemischen Verbreitung des Corona-Virus und den damit zusammenhängenden Auflagen und Beschränkungen für Veranstaltungen ist ein Bestreben zur Durchführung der alljährlichen Sonnenwendfeiern in Sommer und Winter sowie ein Erntefest zu erwarten.

Neben den jährlichen Brauchtumsfeiern (Sonnenwendfeiern und Erntedankfest) könnte auch der Parteitag des niedersächsischen Landesverbandes der NPD in diesem Jahr in Eschede stattfinden. Des Weiteren ist in diesem Jahr mit einer Fortsetzung der Durchführung von Infotischen und Kundgebungen - ähnlich wie im Vorjahr - zu rechnen. Daneben ist eine Nutzung des Hofes zur Realisierung von Schulungsveranstaltungen zu erwarten. Ferner ist vom stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD öffentlichkeitswirksam eine Kampfsportveranstaltung auf dem Gelände angekündigt worden. An anderen Orten im Landkreis Celle ist gegenwärtig nicht mit Veranstaltungen zu rechnen.

9. Welche weiteren Entwicklungen und Baumaßnahmen konnte die Landesregierung seit der Beantwortung der Anfrage in der Drucksache 18/7983 auf dem Hof Nahtz feststellen?

Nach Mitteilung des Landkreises Celle sind dort keine weiteren Bautätigkeiten auf dem „Hof Nahtz“ seit Beantwortung der Anfrage in der Drucksache 18/7983 bekannt. Die in der Drucksache 18/7983 erwähnte Stilllegungsverfügung für die Baumaßnahme „Befestigung einer Grundstückszufahrt und einer Fläche (ca. 780 m²) im rückwärtigen Grundstücksbereich“ ist zwischenzeitlich bestandskräftig geworden. Die Entwicklungen auf dem Hof Nahtz werden den durch den Landkreis intensiv beobachtet und begleitet.

Der Gemeinde Eschede liegen ebenfalls keine Erkenntnisse zu weiteren Bautätigkeiten vor.

Hinsichtlich weiterer Entwicklungen befindet sich das Ministerium für Inneres und Sport in einem ständigen Austausch mit den kommunalen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern. Auch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Bürgerinitiativen finden Gespräche des Ministeriums für Inneres und Sport statt, um Maßnahmen gemeinsam auszuloten und die Entwicklung nicht aus dem Blick zu verlieren. So fand zuletzt am 25.02.2021 eine Videokonferenz mit Herrn Minister Pistorius, Herrn Berg, Bürgermeister der Gemeinde Eschede, und den Vertreterinnen und Vertretern der Initiativen Bündnis gegen Rechtsextremismus Eschede, Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus und dem Celler Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus statt. Neben den Schilderungen der jeweiligen Standpunkte und der Bewertung der Situation vor Ort ist auch deutlich geworden, dass es rechtliche Schranken in einer Demokratie gibt, die staatliches Handeln reglementieren. Der regelmäßige Dialog wird als gewinnbringend erachtet und wird weiter fortgeführt. 

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