Kleine Anfrage zur kurzfristigen schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung :Welche Ergebnisse lieferte die Überprüfung der Zuverlässigkeit von Jagdscheininhabenden durch den Verfassungsschutz?

Vorbemerkung der Abgeordneten

Zum 20. Februar dieses Jahres trat die dritte Änderung des Waffengesetzes in Kraft. Neben Beschränkungen in Bezug auf Magazingrößen und der maximalen Anzahl zu besitzender Waffen wurde auch die Einbindung des Verfassungsschutzes bei der Zuverlässigkeitsprüfung beschlossen. Die Abfrage beim zuständigen Landesamt für Verfassungsschutz erfolgt demnach, um auszuschließen, dass eine als extremistisch eingestufte Person legal in den Besitz von Waffen kommt bzw. diese behalten kann. Laut Bundesinnenministerium gelten insbesondere „Mitglieder von Vereinigungen, die verfassungsfeindliche oder extremistische Ziele verfolgen, (…) künftig als in der Regel waffenrechtlich unzuverlässig. Das heißt, dass die Waffenbehörden ihnen beantragte Erlaubnisse verweigern sowie bereits erteilte Erlaubnisse entziehen können“ (https://www.bmi. bund.de/SharedDocs/faqs/DE/themen/sicherheit/waffenrecht/waffenrecht-aenderung/waffenrecht-aenderung-lis te.html). Aufgrund innerbehördlicher Umsetzungsschwierigkeiten verzichtet Niedersachsen vorerst auf eine Vorabprüfung der Zuverlässigkeit durch den Verfassungsschutz und erteilt die Genehmigungen unter Vorbehalt eines positiven nachträglich festgestellten Ergebnisses. Verlangt wird stattdessen eine Selbstauskunft der Antragsstellenden, in welcher diese versichern sollen, waffenrechtlich zuverlässig zu sein. Gleichzeitig wird ein Passus mitunterschrieben, im Falle einer nachträglichen Beanstandung durch die Behörden auf rechtliche Schritte zu verzichten. Laut Antwort der Landesregierung (Drucksache 18/7231) hat der niedersächsische Verfassungsschutz bereits rund 55 000 waffenrechtliche Anfragen im Zusammenhang mit der verschärften Gesetzeslage bearbeitet (Stand: 10. September 2020), bei einer Gesamtzahl von 60 000 gültigen Jagdscheinen in Niedersachsen. (https://www.jagdverband.de/sites/default/files/2019-01_Infografik_Vergleich_Jagdscheininhaber_ MIitglieder_LJV_2018.pdf).

Bisher ergaben sich aus den Anfragen 126 „Treffer“ in Datenbeständen des Verfassungsschutzes (Drucksache 18/7231). 

 

1. Bis wann werden die letzten waffenrechtliche Überprüfungen abgeschlossen sein, und wie viele Überprüfungen gab es dann insgesamt in diesem Jahr?

Seit der Einführung der Regelabfrage wurden 62 792 Abfragen (Stand: 29.10.2020) nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 WaffG durchgeführt. Dabei handelt es sich um die Summe der Anfragen aller niedersächsischen Jagd- und Waffenbehörden. Derzeit ist eine Zuordnung der einzelnen Abfragen zu einer konkreten Behörde aus technischen Gründen nicht möglich, da das Bundesamt für Verfassungsschutz in der Vergangenheit lediglich ein Massendatenverfahren „WaffG“ zum elektronischen Datenaustausch bereitgestellt hat. Seit dem 23.10.2020 steht jedoch mit dem Massendatenverfahren JagdG“ eine weitere technische Möglichkeit zum Datenabgleich mit dem Datenbestand der Verfassungsschutzbehörden zu Verfügung. Auf der Basis dieser beiden Massendatenverfahren wird derzeit zusammen mit den Softwaredienstleistern der Jagd- und Waffenbehörden und IT.Niedersachsen an einer medienbruchfreien Übermittlung der Anfrage- und Antwortdaten gearbeitet. In der 46. KW sollen erste Datenpakete testweise übermittelt werden. Im Anschluss daran werden die Jagd- und Waffenbehörden sukzessive an das neue System angeschlossen, sodass bei erwartetem Fortgang des Projekts im Dezember 2020 alle Rückstände aufgearbeitet sein werden und alle neuen Anfragen direkt beantwortet werden können. Die manuelle Bearbeitung der durch die Abfrage generierten „Treffer“ wird aber weiterhin Zeit in Anspruch nehmen. Es wird davon ausgegangen, dass am Ende des Jahres 2020 etwa 100 000 Überprüfungen durchgeführt sein werden. 

 

2. Wie verteilen sich die „Treffer“ auf die jeweiligen „Phänomenbereiche“ und die regionale Häufigkeit (bitte nach Landkreisen aufgeschlüsselt)?

Zwei Drittel der Vorgänge entstammen dem Phänomenbereich Rechtsextremismus / Reichsbürger, 12 % sind dem Phänomenbereich Salafismus / Islamismus zuzurechnen, und weitere 10 % unterfallen dem Phänomenbereich Ausländerextremismus. Die übrigen ca. 11 % der Fallzahlen verteilen sich auf sonstige Phänomenbereiche (Autonome, ausländische Nachrichtendienste etc.).

Landkreis Oldenburg -

Stadt Braunschweig 2

Landkreis Verden 1

Landkreis Hildesheim 5

Landkreis Helmstedt 1

Stadt Delmenhorst -

Landkreis Aurich -

Landkreis Goslar 1

Stadt Salzgitter -

Landkreis Nienburg 4

Landkreis Lüneburg 3

Landkreis Grafschaft Bentheim -

Landkreis Wesermarsch 2

Stadt Emden -

Landkreis Peine 3

Landkreis Osnabrück 1

Landkreis Diepholz 1

Landkreis Uelzen -

Region Hannover 6

Stadt Oldenburg 2

Landeshauptstadt Hannover 2

Landkreis Friesland -

Landkreis Rotenburg 1

Landkreis Göttingen 3

Landkreis Cloppenburg 1

Landkreis Osterholz 8

LK Stade 4

Stadt Osnabrück 4

LK Gifhorn -

LK Emsland -

LK Vechta -

LK Wittmund -

Stadt Wolfsburg -

LK Harburg 7

LK Hameln-Pyrmont 2

LK Lüchow-Dannenberg -

LK Cuxhaven 5

LK Celle -

LK Northeim -

LK Ammerland -

LK Wolfenbüttel -

LK Holzminden -

LK Schaumburg -

LK Leer 3

LK Heidekreis -

Hinweis: Die Abweichung der Summe der in der Tabelle aufgeführten Vorgänge von der Gesamtzahl der „Treffer“ ergibt sich zum einen Aufgrund von Mehrfachanfragen, die gerade in der Einführungsphase der Regelabfrage gehäuft vorgekommen sind, und zum anderen dadurch, dass auch Abfragen anderer Landesbehörden für Verfassungsschutz zu Personen, die einen Bezug zu niedersächsischen Erkenntnissen haben (beispielsweise durch einen ehemaligen Wohnsitz in Niedersachsen), als „Treffer“ vom System erkannt werden. Für die letztgenannten „Treffer“ wird keine Statistik bezüglich der räumlichen Zuordnung geführt.

 

3. Welche Konsequenzen erfolgten und erfolgen in Bezug auf die „Treffer“?

Beim niedersächsischen Verfassungsschutz werden in der Sachbearbeitung die Erkenntnisse zu der den „Treffer“ auslösenden Person zusammengestellt, vor dem Hintergrund des § 5 WaffG bewertet und auf deren Übermittlungsfähigkeit überprüft. Alle übermittlungsfähigen Erkenntnisse werden an die anfragende Behörde übermittelt. Diese Behörde sammelt die Erkenntnisse aller im Rahmen des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 WaffG kontaktierten Stellen und nimmt auf dieser Tatsachengrundlage die Bewertung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit in eigener Verantwortung vor. 

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