Kleine schriftliche Anfrage zur kurzfristigen Beantwortung:Keine Fragen zum Paritätsgesetz mehr?

Vorbemerkung der Abgeordneten

In der Aktuellen Stunde zum Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht - auf dem Weg zur Parität“ am 24. Januar 2019 erklärte die Fraktionsvorsitzende der SPD, Frau Johanne Modder:

„Wir laden herzlich dazu ein, uns dabei zu begleiten, damit wir auf dem Weg zur paritätischen Besetzung auch dieses Parlaments ein Stück weiter nach vorne kommen. Fangen wir damit an!“

Bei der ersten Beratung des Antrags „Die Hälfte der Macht den Frauen! - Enquetekommission für ein niedersächsisches Parité-Gesetz“ der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen am 27. März 2019 erklärte die Fraktionsvorsitzende der SPD, Frau Johanne Modder:

„Ihr Antrag macht deutlich, dass wir noch eine Menge Fragen zu klären haben. Die im Raum stehenden verfassungsrechtlichen Bedenken sind nicht einfach wegzudiskutieren. Das haben wir zur Kenntnis zu nehmen. (...) Die aufgeworfenen Fragen werden in meiner Fraktion, in meiner Partei auf Bundes- und auf Landesebene breit diskutiert. Die verschiedenen Modelle liegen auf dem Tisch, die verfassungsrechtlichen Bedenken sind klar formuliert. Um es deutlich zu sagen: Es gibt bereits genügend wissenschaftliche Ausarbeitungen, Untersuchungen und Ursachenforschungen, auch mit Handlungsempfehlungen. Insofern brauchen wir eine Enquetekommission nicht. Es liegt alles auf dem Tisch.(...) Alle Fragen, die Sie in der Enquetekommission aufwerfen wollen - z. B. welche Gesetze zu verändern sind -, können wir heute schon beantworten.“1

In der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung am 23. Mai 2019 erklärte die SPD-Abgeordnete Dr. Thela Wernstedt: „Die SPD beabsichtige, parteiintern die Verfahrensweise zu klären und im Jahr 2020 konkrete Vorschläge dafür in den Landtag einzubringen.“2

Vorbemerkung der Landesregierung

Eine einfache Übernahme der französischen Paritäts-Regelungen mit dem Ziel einer paritätischen Besetzung der Kommunalparlamente und des Landtags ist rechtlich derzeit nicht möglich. Auf die Antwort der Landesregierung vom 14.12.2017 zur Kleinen Anfrage Nr. 43 der Abgeordneten Imke Byl (GRÜNE) „Frauenanteil im Parlament auf historischem Tiefstand: Jetzt doch ein Paritégesetz?“ (Drs. 18/75) wird verwiesen.

In die Diskussion um die grundsätzliche Einführung gesetzlicher Regelungen zur Erhöhung des Frauenanteils in den Parlamenten ist in jüngster Zeit jedoch bundesweit Bewegung gekommen. Mit dem Ziel einer geschlechtergerechten Politikbeteiligung wird über das Thema auf Bundes- und Länderebene debattiert.

Abgesehen von Brandenburg gibt es bisher noch in keinem anderen Bundesland verpflichtende Paritätsregelungen; ebenso nicht im Bundes- und Europawahlrecht.

Die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK) hat gerade mit Mehrheit der Bundesländer einen von Niedersachsen eingebrachten Antrag beschlossen, mit dem sich die GFMK dafür einsetzt, dass auf Bundes- und Länderebene Gesetzesinitiativen zur Ausgestaltung des Wahlrechts mit dem Ziel der Schaffung von Parität in den Parlamenten ergriffen werden.

Die Niedersächsische Landesregierung wird unabhängig von einer Letztentscheidung bezüglich der Verfassungsmäßigkeit einzelner Gesetzesvorschläge miteinander gangbare Wege ausloten.

1. Welche Gesetze sind nach Auffassung der Landesregierung wie genau zu verändern, um eine paritätische Besetzung der Kommunalparlamente und des Landtags bzw. der Wahlvorschläge zu erreichen?

Die Landesregierung verfolgt das Ziel, mehr Frauen für die Parlamente zu gewinnen Aufgrund der auf Landesebene gültigen Kombination von Direkt- und Verhältniswahlrecht sind dazu verschiedene gesetzliche Wege denkbar.

Die Möglichkeiten einer Veränderung der Landesgesetze zur Einführung von gesetzlich verpflichtenden Paritätsregelungen im niedersächsischen Landes- und Kommunalwahlrecht sind nach der derzeitigen Rechtslage juristisch umstritten.

Vor einer Entscheidung über konkrete Gesetzesänderungen ist zunächst eine Verständigung der die Landesregierung tragenden Parteien notwendig. Hierbei wäre an Änderungen der Niedersächsischen Verfassung, des Niedersächsischen Wahlgesetzes und des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes zu denken.

2. Welche der bisher öffentlich diskutierten Modelle für ein Paritätsgesetz sind nach Einschätzung der Landesregierung ohne Verfassungsänderung möglich?

Bezüglich der Frage der Verfassungsmäßigkeit einzelner Modelle gibt es juristisch unterschiedliche Einschätzungen. Die Landesregierung hat sich noch keine der Einschätzungen zu eigen gemacht. Mit großem Interesse verfolgt die Landesregierung das weitere Verfahren der paritätischen Landesgesetzgebung in Brandenburg, das dazu sicherlich wichtige Hinweise geben wird.

3. Wird die rot-schwarze Landesregierung in dieser Legislatur einen Entwurf für ein niedersächsisches Paritätsgesetz in den Landtag einbringen?

Die Entscheidung darüber ist abhängig vom weiteren Fortgang der Diskussion.

Unabhängig vom Zeitpunkt einer möglichen Gesetzeseinbringung wird die Landesregierung die Zeit nutzen, um für die Beteiligung von mehr Frauen in den Parlamenten zu werben und über Wege dahin zu diskutieren. Ein wichtiger Baustein dazu ist das Mentoring-Programm „Frau. Macht. Demokratie“ des Sozialministeriums, das konkret Frauen für die Arbeit in den Kommunalparlamenten gewinnt.

 

Fußnoten:

1. Protokoll der 44. Plenarsitzung am 27. März 2019.
2 Protokoll der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung am 23. Mai 2019.

Zurück zum Pressearchiv